Sudanesische Altertümer vor der Vernichtung?

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saamunra
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Sudanesische Altertümer vor der Vernichtung?

Beitragvon saamunra » So 30 Apr, 2023 18:56

Heute morgen las ich ich, daß die Kampfhandlungen der verfeindeten Generäle sich von Khartum nach Omdurman verlagert haben.
Zur Einordnung, Khartum (süd) zieht sich entlang des Blauen Nils, in erster Reihe der Präsidentenpalast und die Ministerien.
Weiter nach Westen geht die Corniche bis zum Zusammenfluss von Weißen und Blauen Nil, dann kommt die große Stadtbrücke nach Omdurman.
Direkt an der Corniche liegt das großartige Nationalmuseum, im Rahmen der UNESCO-Nubien-Kampagne von DDR-Ägyptologen aufgebaut,
die viele sudanesische Tempel/Gräber/Felsinschriften vor dem steigenden Wasser gerettet haben.
Ich befürchte das Schlimmste, daß genauso wie in den Nationalmuseen von Bagdad, Aleppo, Palmyra und Mossul geplündert und zerstört wird.
Das unersetzbare Grabungsfelder wie am Euphrat zB. Mari und Nimrud völlig vernichtet werden.

Bereits 2011 gab es schwere Schäden im Zuge des "Arabischen Frühlings", wo zB. beim Amun-Tempel in Napata am Reinen Berg die Sphingenallee schwer demoliert wurde,
wie ich bei meinem Besuch 2012 vor Ort sehen konnte.
Auch die abgelegenen meroeitischen Tempel, die alte Stadt Meroe und die Pyramiden mit ihren vorgelagerten Opferräumen voll mit Reliefs sind stark gefährdet.

https://www.tagesspiegel.de/internation ... 00610.html

Eingang des sud. Nationalmuseums:
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Löwentempel von al-Musawwarat as-sufra:
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Erinnerungstafel im Löwentempel:
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Gruß
saamunra

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Beitragvon Isis » So 30 Apr, 2023 19:02

salam

nicht schon wieder

:heul3: :heul3: :heul3:

ma salama

... isis ...

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Beitragvon saamunra » Do 04 Mai, 2023 13:19

Ohje, heute wird berichtet, daß der Präsidentenpalast und umliegende Gebiete aus der Luft und mit Granaten angegriffen wurde.
Das Nationalmuseum ist nur 3 km entfernt.
Ich befüchte das Schlimmste.
Was mich besonders ärgert, für den Krieg in der Ukraine wird jede Menge Militärmaterial und Milliarden von Euro bereitgestellt.
Täglich wird in allen Medien über den Kriegsverlauf berichtet.
Aber über den Krieg im Sudan mit bereits 800000 Flüchtlingen und unermesslichen Menschenverlusten und Kriegsschäden gibts nur eine dürre Meldung.
Ein franz. Sender hat berichtet, daß es in Khartum nach Leichengestank riecht, da überall in den Straßengräben und Plätzen tote Soldaten und Zivilisten liegen.
Aber dafür interessieren sich BB und Co. nicht.
Gruß
saamunra

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Beitragvon Isis » Do 04 Mai, 2023 13:26

salam

Saamunra hat geschrieben:gibts nur eine dürre Meldung


ich würde sagen fast keine :(

dazu passt aber dieser bericht meines
lieblings korrespondent Karim El-Gawhary

Wir hätten heute keinen Krieg in Sudan, hätte die internationale Gemeinschaft und auch Europa die drohenden Anzeichen dafür früher wahrgenommen.


https://taz.de/Krieg-in-Sudan/!5932220/

und auch damit hat er leider recht

Aufwachen werden dann alle, wenn eintreffen wird, wovor das UN-Flüchtlingswerk UNHCR heute schon warnt: dass der Konflikt über 800.000 Flüchtlinge produzieren könnte. Wenn die sich dann nicht nur in die afrikanischen Nachbarländer, sondern auch nach Europa aufmachen, wird der Aufschrei groß sein. Haltet sie ab, haltet sie ab, werden sie rufen.


ma salama

... isis ...

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Beitragvon NICO » Do 04 Mai, 2023 17:43

:( einfach alles nur schrecklich ............

Gruss Nico
نيكو

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Beitragvon saamunra » Mi 14 Jun, 2023 09:17

Nun ist eingetreten, was ich schon befürchtet hatte.
Einige Tageszeitungen berichten diese Woche über die Plünderungen und Zerstörungen in Khartum und Omdurman.
Das Nationalmuseum wurde geplündert, Jahrtausende alte Mumien geschändet, Brände gelegt.
Die Universität in Khartum bombardiert, universitäre Sammlungen geplündert und zerstört.
In Omdurman wurde der historische Suq geplündert und niedergebrannt.
In Omdurman gibt es auch eine große christliche Gemeinde, deren Kirchen geplündert und teilweise zerstört wurden.

Man schätzt, daß jetzt 90 % von Khartum/Omdurman von den Rebellen beherrscht werden, die sich hemmungslos alles aneignen, was irgendwie von Wert ist.
Mich erinnert das an Aleppo, wo auch der historische Suq und die angrenzende Omajjadenmoschee zerstört wurden.

https://www.fr.de/politik/das-letzte-zu ... 30416.html
Es ist sehr schwierig, belastbare Nachrichten aus dem Sudan zu finden.
-editiert von Uli-

Gruß
saamunra

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Beitragvon Ramesse » Mi 14 Jun, 2023 12:44

-editiert von Uli-

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Beitragvon saamunra » So 19 Nov, 2023 10:40

Ich wollte noch ein paar Zeilen zur der akt. Situation in dieser Gegend schreiben.
Mir fiel auf, daß der Wasserstand des Nil in Luxor extrem niedrig ist.
An den Hotels war der Fuß des gemauerten Ufers zu sehen.
Ich schätze es fehlte mehr als ein Meter zum normalen Wasserstand.
Nun gibt es mehrere Möglichkeiten des Niedrigwassers.
Zum einen kann die Nilschwemme extrem niedrig ausgefallen sein.
Das hatten wir schon 2x in den 80er Jahren.
Da die Turbinen im Assuan-Staudamm nur mit einer Mindesthöhe des Stausees arbeiten, könnte der Strommangel auch hier eine Ursache haben.
Zum anderen ist 2021 der Staudamm am 4. Katarakt im Sudan fertiggestellt und in Betrieb genommen.
Der Bürgerkrieg nimmt fürchterliche Ausmaße an, möglicherweise sind die Turbinen dort und am 6. Katarakt stillgelegt und es geht weniger Wasser den Nil hinunter.
Eine Rolle könnte auch der Bau des Riesenstaudamms in Äthiopien spielen.
Alle brauchen das Wasser und es könnte demnächst sein, das es nicht mehr für alle reicht.
Der vergessene Krieg!
Während hier nur andere Kriege eine Rolle spielen, nimmt der Bürgerkrieg im Sudan schreckliche Ausmaße an.
Da ich in meinem Hotel nur arabische TV-Sender hatte, beschränkte ich mich auf Al-Jazeera in englisch.
Bei diesem Sender ist es so, daß ihre Korrespondenten in den Ländern leben aus denen sie berichten.
Die Frau in Khartum berichtete aus den Trümmern ihres Hauses, wo die Außenwände nur noch etwa 1 Meter hoch waren.
Sie berichtete auch von Banden von Rebellen und desertierten Armeesoldaten, die durch Khartum und Omdurman ziehen und alles plündern was irgendwie von Wert ist.
Die Universität soll ausgebrannt, die Innenstadt geplündert oder zerstört worden sein.
Wie das von DDR-Archeologen errichtete Nationalmuseum jetzt aussieht, mag ich mir garnicht vorstellen, da es direkt an der Corniche zwischen Khartum-Zentrum und Omdurman liegt.
Noch eine weitere kurze Geschichte.
Der Korrespondent in Gaza hat fast seine gesamte Famile verloren.
Während er arbeitete, hat eine israel. Bombe sein Haus zerstört und seine Frau und 4 seiner 5 Kinder getötet.
Lediglich ein Junge hat überlebt, da er draußen war und von umherfliegenden Trümmern nur leicht verletzt wurde.
Al-Jazeera hat die Beisetzung übertragen.
Unter großer Anteilnahme anderer Journalisten hat dieser arme Mann seine Familie zu Grabe getragen.
Auch der überlebende Junge war trotz seiner Verletzungen an Kopf und Armen dabei.

Ich hoffe, diese nachdenklichen Zeilen waren nicht zu lang.
Gruß
saamunra