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Unzufriedene Urlauber sollten sich beschweren

Verfasst: Mi 14 Jul, 2004 17:37
von Thomas S
Potsdam (dpa/gms) - Urlauber, die sich über schlechte Erfahrungen beschweren, nerven zwar möglicherweise den Veranstaltern. Doch die Beschwerden finden in der Regel nicht nur Gehör, sondern werden zumindest bei renommierten Veranstaltern auch professionell bearbeitet.

Wenn es gut läuft, haben beide Seiten etwas davon: Der Urlauber wird seinen Frust los und bekommt vielleicht sogar einen Gutschein für die nächste Reise - und der Veranstalter erhält wertvolle Informationen darüber, was den Kunden nicht passt.

Zu meckern haben Urlauber viel - über rutschige Fliesen am Pool, fettige Scampis am Büfett, Kakerlaken im Bad oder lärmende Nachbarn im Zimmer nebenan. Die Hartnäckigen zieht es vor Gericht, was vielen auf Reiserecht spezialisierten Juristen ihre Arbeitsplätze sichert. «Urlauber, die klagen, sind allerdings nur ein sehr kleiner Teil, bei uns gerade ein Prozent derjenigen, die sich beschweren», sagt Jomique de Vries, Leiter der Abteilung Qualitätsmanagement bei TUI Deutschland in Hannover. «Wir setzen auf Kulanz und lassen es nur zum Prozess kommen, wenn wir sicher sind, dass wir gewinnen.»

Ähnlich sind die Erfahrungen bei anderen Veranstaltern: «Vergangenes Jahr hatten wir bei 1,2 Millionen Reisenden rund 8500 Beschwerden, aber nur 25 Prozesse», erläutert Kathrin Rüter-Pantzke, Sprecherin des Reiseveranstalters Öger in Hamburg. Den allergrößten Teil der Beschwerden regeln die Veranstalter ohne Anwalt. «Wenn es um objektive Mängel wie zu kleine Zimmer geht, ist die Sache einfach», sagt de Vries. «Dann gibt's Geld zurück.» Die Kunst sei, auf solche Urlauber zu reagieren, die über ungünstige Flugzeiten oder lauwarmes Essen klagen - Beschwerden, die sich nicht objektiv prüfen lassen.

Kritik von Pauschalreisenden bezieht sich fast immer auf das Hotel im weitesten Sinn. «Da sind die Kunden einfach die längste Zeit», sagt Colette Rückert-Hennen, Leiterin des Kundenmanagements für die deutschen Veranstalter der Thomas Cook AG wie Neckermann und Aldiana. Doch egal, ob Gäste über ölige Salate oder die Zimmerausstattung klagen: «Der Reiseleiter muss der Sache nachgehen», sagt sie. «Üblicherweise wird der dann versuchen, den Grund der Klage zu beseitigen», erläutert Hartmut Müller, Leiter der Rechtsabteilung bei der Verbraucherzentrale Brandenburg in Potsdam. «Auf den Mangel hinzuweisen, ist jedenfalls richtig und auch notwendig, um hinterher Ansprüche stellen zu können.» Idealerweise lässt sich der Grund der Beschwerde beseitigen - falls nicht, gibt es für getrübte Urlaubsfreuden zumindest eine kleine Wiedergutmachung in Form eines Gratisausflugs oder kostenlosen Mietwagens.

«Besonders viele Beschwerden gibt es in Regionen, die sehr schnell wachsen, wie zuletzt zum Beispiel Bulgarien, Kroatien oder Ägypten», sagt Jomique de Vries. «Und wenn in einem Gebiet viel los ist, steigt auch die Reklamationsquote.» Manchmal profitiert der Veranstalter durch kritische Hinweise auch im Blick auf Verbesserungsmöglichkeiten: «Wir hatten zum Beispiel mehrfach Beschwerden, es gebe in der Türkei nicht genügend familienfreundliche Ausflugsangebote», sagt Colette Rückert-Hennen. «Das haben wir aufgegriffen, entsprechende Angebote für Familien aufgestockt - und solche Klagen nicht mehr gehört.»

Völlig uneigennützig ist die Rücksicht auf Meckerer nicht: «Die Unternehmen haben festgestellt, dass Beschwerdemanagement eine Chance ist, unzufriedene Kunden wieder zurück zu gewinnen», sagt Rückert-Hennen. Wenn das gelingt, ist die nächste Reise so gut wie gebucht: «Solche Kunden sind sogar loyaler als andere, die sich noch nie beschwert haben.»



© dpa - Meldung vom 14.07.2004 15:16 Uhr