Ägyptische Unsitten

Hier könnt ihr Einsteigerfragen zu Ägyptologie, Tempeln, Götter usw. stellen, aber auch zur gegenwärtigen Kultur, dem Land und seinen Menschen Stellung beziehen

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Uli
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Beitragvon Uli » Do 22 Apr, 2010 21:23

@Ramses1949: Die touristischen Unsitten haben wir hier schon zu Genüge:
http://www.isis-und-osiris.de/isisosiri ... hp?t=16395

Gruß
Uli

Gast

Beitragvon Gast » Do 22 Apr, 2010 21:58

Hallo,

Ich weiß nicht, ob wir diesen Bericht hier schon hatten, über die Frauentaxis in Kairo? Scheinbar besteht dieses Problem ja nicht nur den Touristinnen gegenüber:


Das ist letzten Endes genau das, was ich zum Ausdruck bringen wollte. Eine Frau (egal welcher Nationaliät oder auch Religionsgemeinschaft), die sich in Ägypten ohne männlichen Anstandswauwau in das öffentliche Leben stürzt (oder stürzen muss), ist und bleibt Freiwild. Natürlich mag es da sehr individuelle Schranken geben (Bildung, soziale Klasse, ethisches Wertgefühl etc.pp), so dass nicht jeder Mann bei der ERSTBESTEN (Gelegenheit) zum „Triebtäter“ wird, dennoch evoziert eine allein reisende Frau männliche Annäherungsversuche. Ein Kopftuch, ein Niqab oder eine Burka machen da keinen Unterschied – Frau wird als Frau erkannt. D.h. aber auch im Umkehrschluss, dass Touristinnen, die meinen, sie müssten sich landestypisch einkleiden, um so weniger aufsehen zu erregen, um unbehelligt durch die staubigen Gassen der oberägyptischen Dörfer zu flanieren (um das „wirkliche“ ägyptische Leben hautnah genießen zu können), keinen Vorteil gegenüber den adäquater gekleideten Touristinnen besitzen. Ich würde sogar davor warnen, als alleinreisende Frau abseits des Massentourismus in der landestypischen Kleidung eine Art Trutzburg oder einen Schild erkennen zu wollen. Denn diese fingieren eine Sicherheit, die für eine fremde (scil. unbekannte) Frau ohne männlichen Schutz in einem Dorf, in welchem Jeder Jeden kennt, eine mehr als trügerische sein kann.

In diesem Sinne: Zeig’, dass du Tourist/in bist, aber zeig’ nicht zuviel.

Gruß!

angelika
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Beitragvon angelika » Do 22 Apr, 2010 22:14

Meine bzw. unsere Erfahrungen beziehen sich nicht nur auf alleinreisende Frauen, denn das waren wir nicht.

Trotzdem wir unsere Männer in den "staubigen Gassen" an unserer Seite hatten, wurde gegrabscht.

Diese Beobachtung konnten wir auch machen wenn wir, gelegentlich am Abend, auf einer Bank an der Corniche saßen. Die jungen Männer nähern sich den Touristinnen in kleinen Gruppen zunächst von hinten. Ganz egal ob da ein Mann dabei ist oder wie sie gekleidet sind.

Einer schert dann aus und rempelt, wie zufällig, die Frau an. Der Nächste fasst dann schnell mal zu. Dann wird gewechselt und das Spiel fängt von vorne an.

Wenn das "Interesse" verloren geht, bleiben sie stehen und warten auf das nächste Opfer.

Ebenfalls ist uns aufgefallen, daß eine Hand dabei immer unter der Galabeija steckt....

Gast

Beitragvon Gast » Do 22 Apr, 2010 22:56

Hallo Angelika,

Meine bzw. unsere Erfahrungen beziehen sich nicht nur auf alleinreisende Frauen, denn das waren wir nicht.

Trotzdem wir unsere Männer in den "staubigen Gassen" an unserer Seite hatten, wurde gegrabscht.

Diese Beobachtung konnten wir auch machen wenn wir, gelegentlich am Abend, auf einer Bank an der Corniche saßen. Die jungen Männer nähern sich den Touristinnen in kleinen Gruppen zunächst von hinten. Ganz egal ob da ein Mann dabei ist oder wie sie gekleidet sind.


Wir beschreiben zwei zu Teilen unterschiedliche Phänomene (oder vielleicht auch zwei Seiten einer Medaille?). Das was du beschreibst, ist etwas, was (fast ausschließlich) nur Tourist/inn/en widerfährt. So etwas würde sich ein ägyptischer Mann einer ägyptischen Frau gegenüber, die zusammen mit ihrem männlichen Begleiter unterwegs ist, niemals trauen (das ist im ungefähren die Quintessenz meiner vorher getätigten Aussage, auf deinen fragenden Einwurf, ob das nicht vielleicht eher ein allgemeines Problem als ein rein touristisches ist)! Das ist und bleibt ganz eindeutig eine Ausgeburt des Tourismus’ und findet sich deshalb vornehmlich an den Orten, die am Tourismus partizipieren. Deshalb wage ich zum jetzigen Zeitpunkt (noch) zu behaupten, dass dir mit deinem Mann resp. einem Mann an der Seite z.B. in Luxor sehr viel eher jemand an den Hintern grapschen wird/würde, als z.B. in Nazlet Quftan el-Gharbiya oder in Sumusta el-Waqf.
D.h. aber (leider) nicht, dass an den Orten, die bisher noch touristischen Schneewitchen-Schlaf halten, selbiges überhaupt nicht vorkommt – denn viele jungen Männer vom „Lande“ zieht es in die touristisch-frequentierten Gebiete, um dort das große Geld zu verdienen. Unglücklicherweise bringen sie ihre gesammelten Erfahrungen in der arbeitsfreien Zeit mit in ihre Heimatorte, wo die Erfahrungen ihrerseits bei den Daheimgebliebenden reizenden Absatz finden. So sieht man(n) die eigenen Vorurteile, die einem schon durch das Satellitenfernsehen nahe gebracht wurden, schnell bestätigt – die westlichen Frauen sind alle ruchlos!

Gruß!

Rasuli
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Beitragvon Rasuli » Fr 23 Apr, 2010 00:42

Das sind ja seltsame Ansichten, die man hier zu lesen bekommt.
....zitiere: "westlichen Frauen sind alle ruchlos" :(

Hm, ich lese gerade ganz interessiert hier mit und finde, dass es eine ziemlich üble Doppelmoral auch in Ägypten gibt.

Man sollte schon sehen, welche erniedrigenden Behandlungen im Islam, traditionell und bis in die Gegenwart, Frauen über sich ergehen lassen müssen.
Auf Anhieb fällt mir keine andere Kultur ein, die mit Frauen so umgeht. Der Zwang zur Verschleierung macht die eigenen Frauen unsichtbar und möchte
die unverschleierte (europäische) Frau diskreditieren (offensichtlich begleitet von unreflektierten Meinungen manch deutscher Reisender)

Nicht weit entfernt von Apartheit ....

Da nun alle arabischen Gesellschaften nicht besonders geübt sind in Selbstkritik, weder was die politischen noch die sozialen Zustände im eigenen Lande betrifft,
verwehre ich mich als Reisende und Frau gegen derart plakative Äußerungen, alle europäischen Frauen würden in Ägypten als "Sharmutas" und billiges Freiwild betrachtet.

Ein Reiseleiter, der in meiner Gegenwart eine solche Äußerung machte, würde von mir zur Rede gestellt werden und würde sich schnell in Gegenwart seines Chefs entschuldigen.

Genau wie ich hier keine verallgemeinernde soziale Abhandlung darüber schreibe, weshalb wohl ägyptische junge Männer für ein paar Euros Liebesdienste anbieten,
genauso wenig sollte hier eine nicht-islamische Frau in einem islamischen Land als "Freiwild" bezeichnet werden.

Auf dieser Ebene zu diskutieren, schafft nur unnötige Spannungsfelder.

Ich war erst zweimal in Ägypten und habe, wie in vielen andern Ländern vorher auch, die Erfahrung gemacht, dass man mit Zurückhaltung und Distanz am Besten fährt.

Gast

Beitragvon Gast » Fr 23 Apr, 2010 01:37

Hallo Rasuli,

verwehre ich mich als Reisende und Frau gegen derart plakative Äußerungen, alle europäischen Frauen würden in Ägypten als "Sharmutas" und billiges Freiwild betrachtet.


Du magst die Augen davor verschließen, das ändert aber nichts an der Tatsache, dass es sich so verhält. Nichts schmerzt so sehr wie die unliebsame Wahrheit...

Gruß!

ps: da ich das Gefühl habe, dass du die Ansichten, die ich hier kundtue, als die Meinigen einstufst (s. Einleitung deines Posts), bitte ich dich, doch nocheinmal genauer zu lesen (denn ich verwehre mich gegen den Vorwurf, ich (weiblich, jung, in Ägypten sehr weit gereist, des Arabischen mächtig,...) würde unreflektiert argumentieren)!

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Beitragvon angelika » Fr 23 Apr, 2010 13:44

Meine Meinung bzw. Erfahrungen sind dazu natürlich auch nur rein subjektiv und spiegeln sicherlich nicht das Gesamtbild wieder.

Nach 13 Jahren Reisen durch das Land, habe ich es in diesem Jahr einfach nur als besonders krass empfunden und ich kann mich selbstverständlich auch täuschen.

Rasuli
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Beitragvon Rasuli » Fr 23 Apr, 2010 23:34

@Gast (jung, weiblich, weit gereist :-)

Leider ist tatsächlich eine jede alleinreisende Frau in Ägypten per se eine „Scharmuta/Schlampe“, denn eine muslimische Frau würde niemals ihre sicheren 4 Wände ohne männliche Begleitung verlassen


Das ist letzten Endes genau das, was ich zum Ausdruck bringen wollte. Eine Frau (egal welcher Nationaliät oder auch Religionsgemeinschaft), die sich in Ägypten ohne männlichen Anstandswauwau in das öffentliche Leben stürzt (oder stürzen muss), ist und bleibt Freiwild


Das waren doch deine Aussagen.

Ich wundere mich nur darüber, wie man als aufgeklärte Europäerin mit Bildung die Meinungen junger Ägypter, die in den Tourismuszentren arbeiten und vielleicht nicht ganz so gebildet sind
was andere Lebensformen in Europa betrifft, als repräsentativ für ganzes Land nehmen kann und dieses auch noch, ohne es selbst zu hinterfragen, so veröffentlicht.

Schaut man sich um in Tourismusburgen auf Mallorca, der Costa Brava, Benidorm, in Italien, und sonst wo, wird überall auf Teufel komm raus geflirtet und trotzdem käme kaum Jemand auf den Gedanken,
dieses an den teilnehmenden Frauen allein festzumachen.

Letztlich gehören immer zwei dazu (Gottseidank :-))
Mich würde eigentlich mal interessieren, was im Koran steht zu Männern und vorehelichem bzw. außerehelichem Sex?

So ganz im Sinne des Propheten wird es nicht sein, immerhin wurde der Koran ja von einem Menschen vermittelt und nicht von Gott (auch wenn die Araber es gerne anders darstellen).
Ihr seit Jahrhunderten gelebter Alltag wird ja bis heute nicht hinterfragt, weshalb sollten es ausgerechnet jene Ägypter beherzigen, die, ohne große Vorbildung und wohl noch nie vorher im Ausland gewesen,
in den Touristenhochburgen arbeiten?

Was wir als Europäer(innen) allerdings tun können, ist solche Standardverdächtigungen "Jede Frau ist Freiwild" von uns zu weisen.

Als nächste Option bliebe nämlich nur, dieses Land nicht mehr zu bereisen.
Das fände ich sehr schade.
:pharao_ratlos:

Rasuli
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Beitragvon Rasuli » Fr 23 Apr, 2010 23:46

@Hi Angelika,

Schon schade, solche Erfahrungen zu machen.
Nächstes Mal statt Stöckchen eine Wasserpistole :-)

Gast

Beitragvon Gast » Sa 24 Apr, 2010 01:04

Hallo Rasuli,

Ich glaube, du verstehst prinzipiell nicht, was ich sagen möchte (oder du verstehst mich aus Prinzip falsch?).
Ich muss mich hier tatsächlich für meine „Aufklärungsarbeit“ (und ich wage zu behaupten, dass ich mich, gemessen am Durchschnittsforumsleser, tatsächlich in der Lage zeichne, selbige in Angriff zu nehmen)(in deinen Augen ist es wohl eher Hybris, die meine Meinung formt?) rechtfertigen und dass obwohl ich nie etwas in die Richtung behauptet habe, was du mir unterstellst! Ich muss mich von dir dafür angreifen lassen, dass ich versuche, Einblicke zu gewähren, die den meisten Reisenden verborgen bleiben. Einblicke, die helfen könnten, kompromittierende Situationen zu erhellen und somit auch zu meiden. Ich habe nichts weiter probiert, als das Gedankengerüst/die Vorstellungswelt der ägyptischen Männer darzulegen (mit dem expliziten Hinweis darauf, dass ich eine Diskussion: aber nicht alle sind so (s. erstes Post von mir) gerne vermeiden würde). Und ich weiß, wovon ich rede, denn ich reise ständig als „scharmuta“ durch Ägypten (und wie ich vorher schon einmal betonte, bin ich ausgesprochen selten in diesen Gebieten, wo sich Touristen aufhalten --> das heisst, mein Erfahrungsschatz speist sich aus sehr unterschiedlichen Quellen) – und glaube mir, dass ist etwas, was mir gewaltig aufstösst. Aber ich kann es beileibe nicht ändern, da ich nun einmal ALLEIN reise (...langsam wird’s redundant...). Aktion: Frau – (MINUS) männliche Begleitung = (Gleichheitszeichen) Reaktion: scharmuta! Wenn ich selber unter diese Rubrizierung falle, warum sollte ich dann meinesgleichen angreifen? Und mit Verlaub, du glaubst doch nicht wirklich, dass du mit deiner Aktion, einen Reiseleiter, der eine alleinreisende Frau als Schlampe bezeichnet, vor den Chef zur Maßregelung zu schleifen, etwas an dessen Meinung ändern könntest? Das ist ein Idealismus, der mir augenscheinlich vollkommen fremd oder zumindest abhanden gekommen ist (Arabischkenntnisse können ganz schön desillusionierend wirken).
Ich habe in meinen vorangegangenen Posts keine wertende Stellung zu dem Verhalten der Frauen genommen – ich habe einzig versucht einen Einblick in die ägyptische Gedankenwelt (v.a. die der Männer) zu gewähren. Insofern ist dein Mallorca-Einwurf, ob der jetzigen hier diskutierten Problematik, nicht tragfähig und somit nicht diskussionswürdig (da am Thema vorbei).

Da mein Schreibstil augenscheinlich schon wieder dazu angehalten ist, missverstanden zu werden, möge bitte jemand Laut geben, der verstanden hat, was ich meine?! Oder ist meine Situationseinschätzung einfach falsch und unpassend?

Gruß!

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Beitragvon Isis » Sa 24 Apr, 2010 10:45

salam

möge bitte jemand Laut geben, der verstanden hat, was ich meine?!


dann gebe ich mal laut :)
ich kann deinen ausführungen und aussagen zustimmen. ich habe von ägyptischen männern auch schon diese aussage gehört von wegen "ausländerinnen" wären freiwild (auch wenn andere aussagen dazu kamen)
ich selbst habe noch nichts mitbekommen von (sagen wir mal) angriffe auf freuen. wobei das wohl daran liegt das ich meinen osiris [zitat] als anstands wauwau [zitat] immer an meiner seite habe.
es ist mir aber auch aufgefallen durch die erzählungen alleinreisender frauen das die "anmache" immer wie ihr schon sagtet von "halbstarken" ausgegangen ist.

(Arabischkenntnisse können ganz schön desillusionierend wirken).


auch da muß ich dir zustimmen :( ich selbst kann zwar kein arabisch aber ich habe da noch ein zitat von einer minibus fahrt mit einer bekannten die arabisch kann im ohr. .... sei froh das du die fahrt über nicht verstanden hat was die jungs geredet haben. :(

vielleicht auch mal ne frage an dich ... in den abgelegenen ecken von ägypten .... wirst du da mit respekt behandelt ??? (mal abgesehen das die leute wissen das du ihr "getuschel" verstehst :) )
mir kommt es vor das man eben in den touristischen orten oft als "geldbeute" mit zwei beinen behandelt wird und je weiter weg man kommt merkt man die freundlichkeit der menschen erst so richtig.

ein andere aspekt ist dann auch ... wenn in einem ort bekannt ist wo man hingehört also von wegen .... die sind mit (XY ägypter) hier, dann hat man auch seine ruhe ... wie soll ich sagen *grübel* so als ob man dann eben unter dem "schutz" des ägyptischen bekannten steht. (ich hoffe das war nun nicht falsch ausgedrückt)

ma salama

... isis ....

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Beitragvon angelika » Sa 24 Apr, 2010 12:30

Hallo Gruß Gast,

ich verstehe Deine Ausführungen vollkommen.

Das meinte ich ja mit meiner Bemerkung, daß hier zwei Kulturen und Gesellschaftsstrukturen aufeinander treffen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten.

Uns ist dieses Weltbild völlig fremd - und dort ist Unseres ein Mysterium.

Aber es ist ja noch nicht sooo furchtbar lange her, da sah es hier bei uns auch nicht viel anders aus. Diese Errungenschaften haben wir doch erst dem letzten Jahrhundert zu verdanken.

Wir müssen, wenn wir diese Länder bereisen, uns einfach darüber im Klaren sein, daß wir "Ungläubige" sind und so behandelt werden. Auch wenn wir es nicht so schnell bemerken, da uns die Sprachkenntnisse und Einblicke oftmals dazu fehlen.

Deswegen ist es auch nicht so schlimm, daß man diese "Ungläubigen", die deshalb ja völlig "ehrlos" sind und offenbar über einen imensen Reichtum verfügen, bei jeder Gelegenheit übervorteilt.

Es fängt schon in dem Augenblick an, wenn wir aus dem Flieger steigen.

Desweiteren müssen wir uns ebenso bewusst sein, daß unser "Vermögen" absolut überschätzt wird. Genauso wird unsere Moral, sowie die Ehre unterschätzt werden, da man das uns überhaupt nicht zugesteht.

Dieses wird sicherlich niemand offen und ehrlich aussprechen, ganz bestimmt nicht.

Gerade die Leute, die im Bereich Tourismus arbeiten, geben sich nach außen weltoffen und liberal, davon leben sie schließlich. Aber wenn man ganz genau hinsieht (hinhört & beobachtet), kann man erkennen, daß dem überhaupt nicht so ist.

Ich könne X Beispiele aufführen, von entlarvenden Bemerkungen, die irgendwann dann doch mal im Verlaufe einer Reise gemacht werden, da sich die Fassade eben nicht 24/7 (24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche) aufrecht erhalten lässt.

Auch sollte man in Gesprächen selber nicht zuviel von sich preisgeben, sondern eher tiefstapeln oder tatsächlich zu einer Notlüge greifen! Das mag uns befremdlich erscheinen, da in unserer Kultur eher nur im Notfall gelogen wird - dort ist es umgekehrt, im "Luftschlösser" bauen sind alle Weltklasse!

Mein Motto ist immer: man muß es sportlich sehen und auf jeden Trick/Spruch nach Möglichkeit nur einmal reinfallen und wenn mir jemand "Good Morning" wünscht, schaue ich besser schnell noch aus dem Fenster, ob denn wenigstens die Tageszeit stimmt. :wink:

Die Geschichten aus 1001 Nacht, stammen schließlich nicht umsonst aus dem Orient.

Grüßle

Angelika

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Beitragvon Sun King » Sa 24 Apr, 2010 13:59

Ich denke, Angelika hat den Kern des "Problems" getroffen. Anders als im Falle Mallorca prallen im Reiseland Ägypten schon ziemlich unterschiedliche Kulturen aufeinander.

Vielleicht wäre das Thema des Threads mit "kulturelle Unterschiede" besser und vor allem weniger einseitig benannt. Denn was wir als "ägyptische Unsitten" empfinden, hat auf der anderen Seite sein Gegenstück in den "touristischen Unsitten". Dafür gibt es zwar einen anderen Thread (wobei die Meinungen dort wohl mehr aus zweiter Hand stammen, oder nur widerspiegeln, was uns an "unseresgleichen" so stört), aber beides gehört zusammen.

So wie sich die "westlichen" Gesellschaften im Laufe der Zeit weiterentwickelt haben, werden sich auch andere Kulturkreise verändern, was die gesellschaftlichen Normen und Praktiken betrifft. Bis 1958 konnte in Deutschland der Mann ein Dienstverhältnis seiner Ehefrau noch fristlos kündigen, erst seit 1977 darf die Ehefrau ohne Zustimmung des Mannes erwerbstätig sein (hab' ich nachgelesen). Die Gleichstellung von Mann und Frau mußte auch in unserem Kulturkreis erst mühsam erkämpft werden. In den Südstaaten unserer westlichen "Vorzeigedemokratie" USA, war bis in die 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts die Rassentrennung Gesetz. Wenn wir heute erwarten, unsere heimischen Standards anderen Kulturen überstülpen zu können, schaffen wir uns dort wenig Freunde.

Natürlich ist es sehr traurig wenn die/der eine oder andere, hier beschriebene Negativerlebnisse im Reiseland Ägypten hatte. Wenn man hierzulande durch die Fußgängerzonen, Bahnhöfe usw. manch einer größeren Stadt geht, kann man auch negative Erfahrungen sammeln. Und wir haben hier selber Probleme, solche "Mißstände" in den Griff zu bekommen.

Die touristische Erschließung des Globus hat den Zusammenprall der Kulturen zum millionenfachen Alltagsereignis werden lassen. Und das Verhalten der Einheimischen, wurde und wird mit Sicherheit auch vom Auftreten der Tourist(inn)en dort mitgeprägt. Nicht in jedem Einzelfall, aber Menschen neigen offenbar überall zum Schubladendenken.

Jeder einzelne Reisende kann sich schließlich fragen: "Will ich mir das noch mal antun?" und im Zweifelsfall eben nach Mallorca oder an den Gardasee fahren. Da gibt es dann sicher anderes zu meckern! Die in den Touristenregionen lebenden Einheimischen müssen aber damit zurechtkommen, was da angeflogen kommt. Und gemäß den individuellen Erlebnissen, kann sich dabei neben Achtung eben auch Verachtung entwickeln. Letztere wird uns gegenüber ohnehin nur teilweise offenbart. Nicht, daß man mich falsch versteht; auch nach ägyptischen Normen sind solche "Übergriffe" inakzeptabel.

Die hier vereinzelt geäußerte Empörung verstehe ich schon, nur sollten wir nicht in diesem Status steckenbleiben, sondern auch mal fragen, warum verhalten sich die Menschen so.

Gruß,
Sun King

Gast

Beitragvon Gast » So 25 Apr, 2010 01:21

Anonymous hat geschrieben:Das was du beschreibst, ist etwas, was (fast ausschließlich) nur Tourist/inn/en widerfährt.


Das würde ich nicht so sagen. Es gab da mal eine Untersuchung, dass ägyptische Frauen massiv unter sexueller Belästigung leiden. Ich finde grad die Links nicht mehr, aber es waren sehr hohe Prozentzahlen.
Hier ist ein interessanter Link zum Thema:
http://www.youtube.com/watch?v=XvNoOmSUHag

Es gab auch mal vor ein paar Jahren zum Ramadanende einen totgeschwiegenen Skandal in Kairo , bei denen an einem Abend aufgehetzte Gruppen junger Männer in der Innenstadt regelrecht Jagd auf alleingehende (einheimische) Frauen machten, ihnen die Kopftücher runterzogen.

Was ich komisch finde ist, dass dies ein spezifisch ägyptisches Problem zu scheint. Insbesondere das sexualisierte Verhalten und Gegrapsche von erst 10-12jährigen hab ich woanders noch nie erlebt und kann es mir nicht recht erklären.

Ich war schon in vielen muslimischen Ländern, aber keines war so rückständig in Bezug auf die Gleichberechtigung der Frauen wie Ägypten.
Zum Beispiel Marokko. Anmache gibt es dort zwar auch, aber sie beschränkt sich meist auf Pfiffe oder ein "Bonjour mademoiselle", und kommt von zumindest Jungerwachsenen und nicht von 12jährigen.
In Marokko sind Frauen weitaus selbstbewußter und präsenter in der Öffentlichkeit als in Ägypten. In den Städten sieht man bei den jüngeren einen hohen Prozentsatz ohne Kopftuch. Es ist normal, dass Frauen als Kellnerinnen, im Internetcafe, im Hotel, am Fahrkartenschalter, als Bodenpersonal am Flughafen und in sonstigen öffentlichen Bereichen arbeiten. In Ägypten dagegen hat man in der Öffentlichkeit fast nur mit Männern zu tun.
In Marokko fahren viele Frauen und Mädchen selbstverständlich Fahrrad und Moped - aber hat schon mal jemand eine Ägypterin auf einem Fahrrad gesehen?
Auch im Iran und in Syrien war die Situation ähnlich. In Syrien sah ich bekopftuchte Frauen allein (also ganz allein) im Restaurant sitzen und essen, auch das kann ich mir in Ägypten nicht vorstellen.

Nur Ägypten scheint da ein besonderes Problem zu haben, woran liegt das nur?
Ist es doch der Einfluß des Massentourismus (der in Marokko, erst recht in Syrien oder Iran, längst nicht so massiv ist)?

Gast

Beitragvon Gast » So 25 Apr, 2010 02:59

Hallo Isis,

vielleicht auch mal ne frage an dich ... in den abgelegenen ecken von ägypten .... wirst du da mit respekt behandelt ??? (mal abgesehen das die leute wissen das du ihr "getuschel" verstehst )
mir kommt es vor das man eben in den touristischen orten oft als "geldbeute" mit zwei beinen behandelt wird und je weiter weg man kommt merkt man die freundlichkeit der menschen erst so richtig.


Es herrscht definitiv ein eklatantes Gefälle zwischen den touristisch erschlossenen Gebieten und der „Provinz“. Das ist auch ein Hauptgrund, warum ich die Touristenorte meide – das hat immer etwas von Spießruten-Laufen, wenn man als Frau alleine unterwegs ist. Davon ab, gibt es natürlich auch in der „Provinz“ mal die ein oder andere unangenehme Begegnung. Vielleicht anbei ein paar Anekdoten zu unterschiedlichen Situationen.

Allgemein scheint die Vorstellung recht verbreitet zu sein, dass man, sobald man den Platz neben mir im Sammeltaxi ergattert hat, auch ein Anrecht (vor allen anderen) auf mich geltend machen könnte. Die beengten Bedingungen in diesen Gefährten bringen es ja bekanntlich mit sich, dass man wohl oder übel mit seinem Sitznachbarn Kontakt aufnimmt. Auf einer längeren Sammeltaxifahrt habe ich jedoch den Fehler begangen, allzu deutsch zu denken und Rücksicht auf meinen Sitznachbarn nehmen zu wollen. Ob der Enge im Auto und der längeren Fahrtzeit vermutete ich irgendwann, dass meine Kameratsche, die sich an meiner, dem Sitznachbarn zugewandten, Seite befand, selbigen vermutlich stören würde. Also hab ich meine Kameratasche auf die andere Seite verlagert, wo sie nur mich stören konnte. Aber das war mein (typisch deutscher) Fehler – denn diese Aktion begriff er als Einladung zur Fühlungsnahme. Die Tasche war also schnell wieder an dem Platz, wo sie vorher ausgeharrt hatte 8) Und seitdem fungiert meine Kameratasche nunmehr provisorisch als Abstandshalter.

Ich habe auch schon Taxifahrer gehabt, die in den Provinzen verkehrten (womit es sich bei dem Taxi gemeinhin um einen Pickup handelte, der nur vorne neben dem Fahrer Sitzgelegenheiten bot) die es tatsächlich fertigbrachten, während der Fahrt, Hand an sich zulegen...

Es kommt auch immer mal wieder vor, dass einer meint, sich ungestrafft mit seiner Hand in Richtung (meiner gemeinhin wohlverpackten) Oberweite zu bewegen – da ich die Tricks, die dazu angewandt werden, mittlerweile sehr gut kenne, gelangen sie nur selten ans Ziel. Einer (ebenfalls irgendwo in der Provinz), der es unglücklicherweise bis zum Ziel geschafft hatte, hatte aber nicht mit meiner Reaktion gerechnet und plumpste in hohem Bogen aus der Kutsche!

In einem Hotel in Mittelägypten, war der Rezeptionist oder Manager oder was auch immer, der Meinung, da ich nun schon mehrfach sein Hotel frequentiert hatte und er mir dann auch noch das Hotelzimmer für ein angemessenen Preis überlassen hat, er würde jetzt die Gegenleistung von mir dafür bekommen. So trug er meinen schweren Rucksack auf mein Hotelzimmer und verschloss hinter sich die Tür – der konnte gar nicht so schnell gucken, wie die Tür wieder von mir geöffnet wurde. Er ist dann beleidigt von dannen gezogen. Aber mit solchen Aktionen muss man rechnen, wenn man alleine als Frau unterwegs ist.

Als ich irgendwann einmal an der Straße stand und auf ein Sammeltaxi wartete, sah mich schon von weitem ein Ägypter, der augenscheinlich anfänglich durch meine Erscheinung am Weitergehen gehindert wurde – also gucken und starren funktionierte nicht gleichzeitig. Als er dann irgendwann bei mir angelangt war, fragte er mich (ohne Begrüßung und Gesprächseinleitung): Six?, Six?, Six? – es hat echt eine Weile gedauert, bis ich wußte, was er meinen könnte!

Aber das sind – gemessen an der tatsächlichen Anzahl an Tagen, die ich im Land verbracht habe, wirklich nur Ausnahmen. Gemeinhin bringt man mir Respekt gegenüber – was aber dennoch nichts daran ändert, dass ich in deren Vorstellungswelt als „scharmuta“ gelte. Sehr bezeichnend ist hierfür folgende Begebenheit: Ich war mit 3 Polizisten und einem Ghafir el-Athar (Antikenpolizist) in mehreren Steinbrüchen unterwegs – irgendwann hatten sie einen Bekannten in die Nähe der Stelle gelotst, wo wir uns befanden – der restliche Weg wurde Letzterem mit den Rufen „Ta’ala, schuf asch-scharmuta – Beeil dich/Komm und schau’ dir die Schlampe an“ gewiesen. Und dass obwohl sie mir in ihrem Verhalten – gleichermaßen wie ich in meinem Verhalten – Respekt gegenüber gebracht haben. Allein der Umstand, dass ich als Frau allein unterwegs war, verlieh mir die Bezeichnung „scharmuta“ und nicht mein Verhalten! Ich war versucht, ihnen klar zu machen, dass sie auch nicht als „ibn-scharmuta – Sohn einer Schlampe“ von mir bezeichnet werden wollen – ich weiß aber, dass das nicht fruchtet! Ich habe auch noch nicht herausbekommen, wofür z.B. für die Polizei am anderen Ende des Funkgerätes nebst der Angabe über Nationalität, Name, Alter, Familienstand, Zielort der Reise auch noch die Angabe über meine Körbchengröße relevant ist!?!

Und um den Bogen zu spannen, dass es sich hierbei nicht um religiös-motivierte Eigenheiten handelt, vielleicht noch folgende Geschichte. Ich war in der Nähe von Assiut und ein Kopte gehobeneren Alters meinte, mich penetrant dazu drängen zu müssen, die Nacht doch mit ihm zu verbingen – er würde mich danach auch wieder zurückbringen! Dazu verlieh er seiner Fragerei („Warum denn nicht?“ etc.) mit dem Festhalten meiner Arme Ausdruck. Da ich gemeinhin einen Kopf größer bin als der Durchschnittsägypter beeindruckte mich dies, trotz des Umstandes, dass wir unglücklicherweise allein auf weiter Flur waren (ja, es gibt in Ägypten tatsächlich Gebiete, da kriecht nicht plötzlich irgendein Ägypter aus irgendeinem Loch), nicht allzu sehr. Darüber hinaus führe ich auch immer einen Taschenalarm am Körper (eigentlich mehr für den Fall gedacht, dass ich beim Klettern irgendwo runterfalle und auf mich aufmerksam machen möchte sowie auch um angreifende Hunde in die Flucht zu schlagen) – insofern fühlte ich mich nicht sonderlich gefährdet. Da ich über die Jahre gelernt habe, mit solchen Situationen umzugehen, belasten mich selbige nicht allzu sehr. Manch Anderen hätten solche Zudringlichkeiten vielleicht etwas mehr zugesetzt. Und ich will hier auch gar nicht negieren, dass man auch an anderen Orten der Welt solche Erfahrungen (und noch viel schlimmere) sammeln kann, jedoch gehen wohl nicht überall die Männer davon aus, dass das weibliche Gegenüber ein solches Verhalten regelrecht erwartet. Denn diese Vorstellung ist in den ägyptischen Männerköpfen tief verankert – wir kommen nach Ägypten, um uns endlich mal richtig beglücken zu lassen.

Eine gewisse Genugtuung ist es zumindest, dass man in den Fällen, wo man in meiner Anwesenheit eigentlich über mich reden resp. herziehen möchte, anfängt zu tuscheln oder den Raum verlässt. Diese Blöße geben sie sich dann doch nicht allzu gerne.

Gruß!