Horrorflug mit Aero Flight

Hier Fragen und Infos die das Reisen nach bzw. in Ägypten betreffen (keine Nennung von Veranstaltern / Anbietern)

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nebtaui
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Ok. Oine kloine Leseprobe.

Beitragvon nebtaui » Mo 29 Nov, 2004 12:18

Salam!

Aber auch nur, weil das Ding eine (alt-) ägyptische Szene enthält! Diese Episode muss völlig verwirren, da sie aus dem Zusammenhang gerissen worden ist. Aber vielleicht macht sie ja trotzdem Spaß?!

Für Ramses war all das völlig unwichtig. Er wußte, daß er immer zu den Knien des jeweiligen Pharao würde sitzen müssen, da es andere gab, die vor ihm waren. So verlor er auch keinen Gedanken an das Königtum, gerade in diesem Moment nicht. Ihn interessierte die Biene da, die sich vorwitzig bis zu ihm vorgewagt und einen festen Platz in der Luft vor der Nase des Prinzen eingenommen hatte. Sie stand zwischen ihm und diesem mächtigen Standbild des göttlichen Horus, einfach in der Luft. Ramses lachte. Herihor dagegen unterbrach seinen Redeschwall und erkannte, daß er vielleicht dem Schilf am Teichufer oder der Biene gesprochen hatte, aber keineswegs dem Prinzen.

In diesem Augenblick erhob sich vorn an dem mächtigen Tempeltor ein mächtiges Geschrei. Viele weißgetupfte und braun umrahmte Flecken hüpften und sprangen aufgeregt und armerudernd umher. Von der großen Entfernung her konnte der Prinz sie trotz seines scharfen Auges nicht auseinanderhalten und darüber wunderte er sich sehr. Herihor fuhr herum und formte sofort seine Hände zu Trichtern vor seinem Mund.
"Haltet alles und jeden fern! Wer hierherkommt, ist des Todes! Wer es auch immer sei, niemand darf den Frieden der Götter stören!"
Ein junger Mönch stürzte keuchend vor Herihor in die Knie.
"Werter Herihor, ein Fischausweider dringt in unseren Frieden ein und verlangt, den Sohn des lebenden Goldhorus, den Nachfahren der Sonne zu sprechen."
Noch bevor Herihor seine Ablehnung zynisch wie immer vorbringen konnte, war Ramses schon aufgesprungen.
"Ja! Das ist es! Fische stinken, und dieser Kerl da sicher auch! Es ist lustig und ich will ihn sehen. Außerdem, mein Vater sagt immer, man muß sich dem Volke zeigen. Er geht auch immer zu den Soldaten, wenn er Krieg führt, und nimmt nur ganz wenige Leibwachen mit. Höchstens zwanzig. Ich will ihn sehen. Vielleicht sagt der Stinkende was Lustiges."
Der alte Priester grübelte kurz. Wenn dem Prinzen etwas geschähe, würde er sterben. Man würde ihm die Zunge herausreißen, ihm die Nase abschneiden und dann so, wie er war, an den Füßen außen an die Stadtmauer hängen. Wenn aber nicht, so würde der Prinz eine Lektion lernen. Eine Lektion über Gestank und die Widerlichkeiten des primitiven Broterwerbs. Er würde vielleicht daran erkennen, daß er allein die Sonne sein kann, die über alle jenen da scheinen kann!
"So ruft ihn herbei! Rasch! Und besorgt Soldaten, für den Fall ..... ihr wißt dann schon."
Der Junge spurtete los, sein weißes, kurzes Gewand flatterte.

Als man den Mann näherführte, veränderte sich die Luft. Eine sonderbare Schwere befiel alle, die Zeugen dieses Geschehnisses wurden. Es glich einer kultischen Handlung, nur der Weihrauch hatte gefehlt.
Ramses machte einen Schritt auf den viel größeren, mageren Mann zu. Der, der schon längst den Blick auf die Erde gerichtet hielt, nestelte äußerst nervös an seinem blauen, einfachen Gewand herum. Ramses konnte sehen, daß Tropfen aus dem Gesicht des Mannes auf die Erde fielen. Viele Tropfen. Der Mann weinte stumm.
"Sag', was willst du?"
"Ooooh, ich sterbe. Im Angesicht der Sonne. Ich vergehe. Was hab' ich getan?"
"Man hätte dich töten können, davorne. Als du mit Gewalt hierhereinkamst. Ich bin der Prinz, weißt du? Die alle wollen, daß ich nur unter Göttern lebe. Ich verstehe ja auch schon was, ihr da seid mein Volk und so, und ich bin selber fast sowas wie ein Gott. Ganz Gott kann ich nicht werden, da ist noch mein älterer Bruder."
Jetzt brach der Mann fast zusammen. Er rutschte zwischen den beiden Priestern einfach wie ein toter Fisch auf die Erde.
"Du bist der Sohn des lebenden Goldhorus. Du bist der, dem ich auch im Jenseits dienen möchte, wenn meine Schmerzen einst ein Ende haben."
"Da sagst du's selbst! Ich bin sowas wie ein Gott! Aber warum stinkst du so furchtbar und was willst du jetzt eigentlich von mir?"
"Es ist eine Botschaft, Gottheit! Es ist eine Botschaft von einem Mann, der schon vor vielen, vielen Jahren dem Sohn des Lebenden Goldhorus eine Botschaft sagte. Es ist nichts Böses, Gottheit, Licht der Sonne, es ist nur ein ganz kleiner Satz. Wisse, Horizont des Wissens, daß auch ich ein Fischausweider bin. Ein Fischausweider, wie auch Meti einer war. Meti war es auch, der da dem Sohn des Lichtes folgende Worte sagte:
Vielleicht bleibt eine dunkle Erinnerung an uns im Gemüt des Volkes haften und werden die Kinder schon mit der bitteren Muttermilch das Wissen um uns einschlürfen und von unseren bitteren Irrtümern lernen.
Das waren die Worte des Meti, lichtstrahlender Sohn des lebenden Goldhorus, möge er ewig leben! die er seinem Sohn des Goldhorus sagte. Meti lebte einst in vollkommener Maat und Armut, seiner Hände Arbeit reichten oft nicht aus, die Bäuche seiner Lieben zu füllen. Und doch war er ein Gläubiger des Amun, wenn er ihm auch manchmal verstohlen die Faust zeigte.
Als seine Welt in den Flammen, im schrecklichen Isfet der Götter unterging, war er es und seinesgleichen, die wie Sand zwischen den göttlichen Mahlsteinen zerrieben wurden! Und so steht es geschrieben in den heiligen Rollen in den Tempeln, daß die, die für ihre Götter ihr Leben geben, ein Recht darauf haben, vollkommen von der Sonne des Goldhorus beschützt zu werden! Gebt uns Euch, Sohn des lebenden Goldhorus, zeigt Euch uns, denen, deren Herz sich nach Euch sehnt!"

Den Rest konnte der kleine Junge gar nicht mehr verstehen, da sich der magere Mann am Boden befand und jetzt herzzerreißend in den Sand schluchzte.

Ramses glaubte zu verstehen, daß vor langer Zeit so einer wie dieser hier einem Pharaonensohn wie er einer war vielleicht, etwas gesagt hatte. Mit Erinnerung und so.
Während Ramses über die Bedeutung dieses Satzes nachdachte, knatterten die langen, weißen Fahnen, die an sehr langen Stangen wolkenhoch emporzuragen schienen, im Wind. Wind kam auf, er fegte von Westen heran und Ramses schnupperte tief in ihn hinein.
Ja. Er würde sich interessieren für die ganzen komischen Leute da, denn sie hatten etwas mit ihm zu tun. Sie atmeten den gleichen Westwind, und vielleicht schnupperten sie wie er, daß eine große Zukunft im Westen lag.
Er verstand jetzt auch die Verkörperung des Falken in seinem Vater. Er hatte die Aufgabe, nicht nur im Palast für Ordnung zu sorgen, sondern auch am Wohlergehen von all denen da zu arbeiten. Er breitete seine starken Gottesschwingen aus über das Land, und die Soldaten waren nichts als die Krallen und der starke Schnabel des Falken.
Und er selbst? Er war müde. Entsetzlich müde. Wenn er zurück in den Palast ginge, wäre seine Amme schon fort und die anderen Diener würden ihn entkleiden, waschen und ankleiden müssen. Ihre Hände waren hart und ihre Bewegungen ungelenk.
Mehr in seine Müdigkeit denn in seine Gedanken versunken, krabbelte Ramses in die Sänfte und hatte fast das gewisperte: Los! nicht gehört. Mit weichem Hub erhob man ihn und in einer fließenden Bewegung ging es fortan. Viele Soldaten mit Pavianen an den Leinen liefen voran, an seiner Seite liefen welche mit gezogenen Schwertern und hinterdrein noch einmal fast unzählbar viele mit Speeren und Schwertern. Das muntere Geschwätz und Gelächter vor ihnen erstarb und alle Menschen, ob hoch oder niedrig, beeilten sich, das Gesicht in den Staub zu drücken. Die einfachen Menschen fühlten förmlich, wie die Sonne des Reiches über ihre Rücken strich und einen Hauch des Allmächtigen Weltenschöpfers mit sich führte. Nur ganz wenige hatten Mut genug gefaßt, wenigstens verstohlen einen Blick auf das Antlitz des Sohnes des Starken Stieres zu werfen. Noch tagelang würden die Leute in den Wirtschaften von diesem Moment erzählen, wurde doch der Prinz noch nicht oft in dieser Gegend gesehen. Der alte, haltlose Trinker aus der Korbflechterei saß noch Stunden nach dem Ereignis einfach nur da, starrte ins Unendliche und murmelte: jetzt kann ich sterben, ich habe Gott gesehen. In vielen Momenten hatte er schon ein bißchen von den Göttern mitbekommen. In einer Schlacht war ihm ein Pfeil in die Seite gedrungen und die blutige Sachmet hatte ihm doch noch das Leben geschenkt. Zwar hatte er die Verwundung mit einem unstillbaren Durst bezahlt, aber er konnte halbwegs auskommen. Mit eigenen Augen hatte er die Sachmetpriester beten sehen und hat selbst gesehen, wie der Feind unter ihnen zerkrümelte.
Auch ohne vollkommen betrunken zu sein, konnte er sein Wasser nicht halten.
Der Alte dachte an den seltsamen Falken zurück, den er am Nil gesehen hatte. Er hatte etwas seltsam Goldenes in den Fängen getragen und als er dem Traumdeuter das erzählt hatte, erbleichte der. Du hast den Goldhorus gesehen. Wenn du ihn noch einmal siehst, kannst du ruhig sterben und kein Dämon kann dir gefährlich werden.
Und jetzt hatte er den Prinzen gesehen. Seltsam, noch, als er gerade dachte, Ramses wird eines Tages die Doppelkrone tragen, starb er.


Nebtaui
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Beitragvon Uli » Mo 29 Nov, 2004 12:33

Ein bißchen verwirrt bin ich, aber auch begeistert darüber, wie Du den Lesern mit Deinen Worten in die Vergangenheit entführst.

Weitermachen!! Bild Bild

Gruß
Uli

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Beitragvon HoloDoc » Mo 29 Nov, 2004 12:37

Ich finds auch toll geschrieben und bin froh, dass heutzutage auf andere Weise unverständlich geredet wird, als es damals der Fall war. :D

Heut versteh ich wenigstens ein bisschen was, früher wär ich wohl ausnahmslos dumm gestorben *breitgrins*

Freue mich auf mehr Lesestoff...

Grit <-- bekennender Ustinov-Fan
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Beitragvon Nasalot » Mo 29 Nov, 2004 14:51

Hallo Nebtaui,

ich kann mich Uli und Grit nur anschliessen:

Einfach toll!

Ich hab Deinen Lesestoff geradzu verschlungen! Ganz ehrlich, Du hast einen tollen Schreibstil!!! Und jetzt nicht :oops:, sondern einfach akzeptieren und weitermachen!

Viele Grüsse
Nicole

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Beitragvon Mausebär » Mi 08 Dez, 2004 13:26

Hallo Nebtaui,
auch ich habe nun zum zweiten Mal Deinen Bericht über diesen Horror-Rückflug gelesen und immer wieder lachen müssen.

Echt super geschrieben.

Wir waren dieses Jahr das erste Mal in Ägypten aber leider nicht in Kairo.
Dies wollen wir aber rasch nachholen. Ich erkunde Städte sehr gerne allein - den größten Teil der Zeit - ohne Reiseleitung, man lernt viel mehr kennen und erlebt viel mehr. Ja, ein bißchen "Mut" gehört schon dazu,
aber es ist denke ich noch keiner verlohren gegangen.

Würde mich sehr über ein solches Buch freuen.

Alles Liebe und hoffentlich ist es bald fertig.

:wink:
Liebe Grüße
Brigitte