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Siwa: Wüstenwanderung in der Hitze der Great Sandsea

Verfasst: Sa 05 Nov, 2011 13:07
von WSAlex
Hallo Wüstenfreunde,

nur wer selbst schon in der Wüste war versteht in der Regel, warum man die Strapazen einer Wüstenwanderung auf sich nimmt. Tage der Hitze, körperliche Belastung, mangelnde Hygiene, Sand und Staub. Jedes Mal, wenn ich aus der Wüste zurückkomme, werde ich mit Fragen überschüttet, warum ich das mache.

Wer sie nicht selbst erlebt hat, die Ruhe und Einsamkeit, die unglaubliche Zufriedenheit die einem widerfährt, kann es nur schwer nachvollziehen.

Siwa: Wüstenwanderung in der Hitze der Great Sandsea

Teil 1:

Mit dem ersten Ruf des Muezzin, der versucht, sich gegen das Gebell der streunenden Hunde und dem Krähen der Hähne durchzusetzen, mache ich mich auf den Weg in den Süden, der Grossen Sandsee. 21 Liter Wasser, Datteln und dem Nötigsten, was man für die Wüste benötigt, befinden sich in meinem Rucksack. Alles Unnötige bleibt zurück, keine unnötigen physischen und psychische Lasten. Die Sinne konzentriert auf das, was vor mir liegt.

Am Ende der Oase wird mir bewusst, wie sich Siwa seit meinem letzten Besuch verändert hat. Eine Trasse von etwa einem Kilometer wurde in die Wüste hinausgeschoben. Links und rechts von ihr steht Neubau an Neubau. Grundstücke, die vor allem durch Europäer gekauft wurden und die sich einen Ruhesitz oder ein Urlaubsdomizil errichten.

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Eigentlich hatte ich erwartet, der Erste an diesem Morgen in der Wüste zu sein. Es gibt aber Oasenbewohner, welche die Einsamkeit der Wüste zum morgendlichen Gebet suchen.

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Die ersten 8 - 10 Kilometer sind die anstrengendsten. Mit dem schweren Gepäck auf dem Rücken, dem stetig ansteigenden Gelände und dem weichen Sand verlangt der Körper häufig nach einer Pause und einem Schluck des noch kühlen Wassers.

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Jedes schattige Plätzchen wird für eine kurze Pause ausgenützt. Schatten gibt es nicht viel in der Wüste, besonders wenn man ihn braucht.

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Am späten Vormittag werden die Etappen immer kürzer und die Pausen immer länger. Die Temperaturen scheinen dieses Jahr besonders extrem zu sein. Was würde ich jetzt für einen kühlen Schatten geben.

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Etwa 2 Kilometer weiter stoße ich auf einige Felsen. Schatten! 8)

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Das Thermometer zeigt, warum ich mich so schwach fühle. Es sind die 51 Grad Celsius, die mir zu schaffen machen.
Selbst im Schatten zeigt das Termometer immer noch 37 Grad an.

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Ich ziehe mich so weit wie möglich in den Schatten zwischen den Felsen zurück. Und glaubt es mir oder nicht, nach wenigen Minuten befinde ich mich im Land der Träume und wache erst am frühen Nachmittag wieder auf :oops:

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Wie schaffen es Pflanzen und Tiere nur bei dieser Hitze in der Wüste zu überleben?

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Spaziergang am Strand? Überall findet man Millionen Jahre alte Fossilien und teilweise in einem Zustand, wie man sie normalerweise an einem exotischen Sandstrand findet.

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Wie eine Blume strahlt das weisse Seeigelskelett aus dem Sand.

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Grüsse
Alexander

Verfasst: Sa 05 Nov, 2011 13:09
von WSAlex
Teil 2:

Das ursprüngliche Ziel bestand darin, möglichst nahe an den Bir Russia, Russian Spring oder Bir Rus, wie ihn die Siwi nennen, zu kommen. Aufgrund meines Wasserverbrauchs der letzten Jahre hatte ich einen täglichen Wasserbedarf von 3 - 3,5 Liter angenommen. Wie sich am Abend herausstellen sollte, betrug der Wasserverbrauch aufgrund der ungewöhnlichen Hitze 4,5 Liter. Am nächsten Tag sollten die Temperaturen nochmals einen Spitzenwert von 53 Grad erreichen und der Wasserverbrauch sich auf 4,75 Liter erhöhen. Damit stand fest, dass für dieses Mal der Bir Russia in weite Ferne gerückt war. Aber wie heißt es so schön: Der Weg ist das Ziel ;-)

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Auch am Nachmittag läßt die Hitze nur unbedeutend nach, sodass ich jeden Schatten, der meinen Weg kreuzt, für eine Pause nutze. Das lauwarme Wasser aus der Feldflasche bietet längst keine Erfrischung mehr. Es dient nur noch dazu, den Wasserhaushalt des Körpers auszugleichen.

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Hier hat wohl eine Spinne vergessen, die Haustüre zu schließen. Oder es war ihr auch zu heiß und sie wollte nur die gute Stube lüften.

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Gegen Sonnenuntergang erhebt sich ein erfrischender Wind über die Sandebenen. Daher versuche ich so lange wie möglich meinen Marsch in die Dunkelheit zu verlängern. Doch selbst ein bis zwei Tage vor dem zunehmenden Halbmond ist es nicht einfach, den Weg zwischen den Felsen zu finden. Ich möchte auf dem unebenen Boden keine Verletzung riskieren und schlage nach knapp 20 Kilometer Fußmarsch das Lager auf.

Am nächsten Morgen, noch bevor sich die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont stehlen, bin ich unterwegs, weiter Richtung Südosten. Der Weg führt durch eine Senke, die mit grünem Gewächs übersät ist. Neben ein paar Palmen bilden sie eine willkommene Abwechslung der Farbpalette. Besonders in den Abend- und Morgenstunden sind die Farben besonders intensiv. Diese Stunden eignen sich am Besten um kontrastreiche Fotos zu schiessen.

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Diese Dünen muss ich bezwingen. Schon aus der Entfernung erahne ich, welche Kraftanstrengung notwendig werden wird, sie zu überqueren.

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Bevor es über den Dünengürtel geht, werden nochmals Kräfte gesammelt. Es ist bereits später Vormittag und das Thermometer hat die 53 Grad Marke erreicht. Es gibt keinen Schatten, keinen Fels und keinen Strauch, hinter den man sich verstecken könnte. Ich stelle meinen Rucksack so auf, dass er den größtmöglichen Schatten wirft. Dazu spanne ich eine Decke mit Silberbeschichtung, um die Sonnenstrahlen abzulenken.

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Verfasst: Sa 05 Nov, 2011 13:10
von WSAlex
Teil 3:

Über diese Düne muss ich rüber. Die anstrengende und schweisstreibende Kletterei wird durch eine fantastische Aussicht auf die nähere Umgebung und ferne Landschaften belohnt. Dass ich von hier nicht so schnell wieder aufbreche, dürfte auf der Hand liegen. Der Ausblick ist einfach zu beeindruckend.

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Ich werde eine weitere Düne überqueren müssen, bevor ich mich auf die Suche nach einem Lagerplatz machen kann.

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Hinter einem Felsen an windgeschützter Stelle errichte ich mein Nachtquartier. Doch ist mein Tag noch nicht zu Ende. Auf einer Satelliten Karte von Google Earth hatte ich etwas entdeckt, dass wie ein Krater aussieht. Diese Formation wollte ich mir noch ansehen, bevor es in den Schlafsack geht.

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Auf der Google Karte zeichnet sich dieser Krater ab. Was mag das sein?

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Das Gebilde entpuppt sich tatsächlich als eine kreisrunde, kraterähnliche Struktur. Vermutlich handelt es sich um ein millionen Jahre altes Korallenatoll aus der Zeit, als die Wüste noch von Meer bedeckt war.

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Panoramabild: Bitte auf das Bild klicken, um es in Vollgrösse sehen zu können.

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Nach dem kleinen Umweg geht es zurück ins Lager. Den Gedanken über den Ursprung des Kraters kann ich nicht mehr zu Ende führen. Der Tag hatte meinem Körper einiges abverlangt und ich war, noch ehe ich zu einer möglichen Schlussfolgerung gekommen wäre, eingeschlafen.

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Grüsse
Alexander

Verfasst: Sa 05 Nov, 2011 13:11
von WSAlex
Teil 4:

Die Wüste lebt. Besonders nachts, wenn die Temperaturen erträglich sind und der Wasserverbrauch sich im überlebensfähigen Rahmen bewegt. Bizarre Spuren, hinterlassen bei der Futtersuche, beim Kampf ums Überleben. Je nach dem an welcher Stelle man an der Nahrungskette steht.

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Nein, ich bin hier niemandem ausgewichen :oops: Man verliert etwas die Konzentration, ist abgelenkt von der Natur und verliert das Ziel aus den Augen. Schon kommt man vom Kurs ab. Ein Schlenker nach Rechts und das Problem ist behoben ;-)

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Am späten Vormittag kommt die Windmaschinerie komplett zum Erliegen. Die Temperaturen steigen wieder, wie sie für einen Europäer, der eher gemässigte Temperaturen gewöhnt ist, gewöhnungsbedürftig sind. Zur Mittagszeit, wenn die Sonne am Höchsten steht, wird es noch heisser werden, sodass ich bald einen Schatten brauche.
Das Paradoxe ist, es gibt genügend Berge und Hügel. Sie werfen aber aufgrund ihrer kegeligen, nach oben spitz zulaufenden Form zusammen mit der hochstehenden Sonne keinen Schatten.

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Kurz vor Mittag erreiche ich einen langgezogenen Hügel, der auf seiner Nordseite eines im Überfluss bietet: Schatten 8)
Nicht nur für einen. Nein für eine ganze Legion. Der Hügel wurde von Sand und Wind so lange bearbeitet, bis sich ein langer Überhang gebildet hatte. Um das schattige Plätzchen erreichen zu können, muss ich zuerst etwas Kletterarbeit leisten. Der Kalkstein ist nicht nur angenehm kühl. Ich habe von der Stelle auch eine gute Aussicht. Meinen Rücken befreie ich von dem Gewicht des Rucksacks und mache es mir bequem. Meinen Blick und meine Gedanken lasse ich in die Ferne schweifen...

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Eine versteinerte Kegelmuschel im Fels

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Grüsse
Alexander

Verfasst: Sa 05 Nov, 2011 13:12
von WSAlex
Teil 5:

Ein weiterer Tag, der sich dem Ende neigt. Ein Stück eines Palmenstammes im jungfräulichen Sand. Wie eine Parkbank, die zum Ausruhen einlädt.

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Das vorletzte Nachtlager, bevor es wieder zurück in die laute Zivilisation geht.

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Der neue Tag erwacht. Deutlich kühler als die letzten Tage.

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Ein untrügliches Zeichen, dass sich der Ausflug dem Ende nähert. Am Horizont erkennt man schon Siwa.

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Haifischzähne findet man hier in grossen Mengen. Ähnlich wie bei uns auf der Zugspitze, die vor Millionen Jahren noch Meeresboden war, haben sich hier Meeresbewohner aus längst vergangenen Zeiten verewigt.

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Siwas Neubaugebiet am Morgen

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Ein Miniaturnachbau von Shali, dem alten Siwa

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Früh morgens geht es auf einem Seitenweg zurück in die Oase.

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Jede Wüstenwanderung ist ein unvergessliches Erlebnis. Keine Wüstenbegegnung gleicht der anderen. Die Wüste bietet eine Vielfalt, wie man sie nicht erwarten würde. Keine Düne ähnelt der anderen. Abwechslungsreiche Begegnungen mit Fauna und Flora, die unter extremen Bedingungen leben und überleben. Das Leben in der Wüste ist zu spannend. So plane ich bereits meine nächste Tour ;-)

Viele Grüsse
Alexander

Verfasst: Sa 05 Nov, 2011 15:34
von Meretaton
Danke für die wunderschönen Bilder und den Bericht.
Jetzt hast Du meine Sehnsucht wieder erweckt!

Liebe Grüße
Meretaton

Verfasst: Sa 05 Nov, 2011 16:05
von NICO
Selam WSAlex

Klasse Bericht und superschöne Bilder :pharao_daumen2:
Danke

Gruss Nico

Verfasst: So 06 Nov, 2011 10:36
von Isis
salam

danke das du uns ein stückchen mit in die wüste genommen hast.

ma salama

... isis ....

Verfasst: So 06 Nov, 2011 15:38
von Nane88
Danke für den tollen Bericht!

ja wer einmal in der Wüste war....
ich will auch wieder

LG Nane, die jetzt ganz viel Sehnsucht hat :)

Verfasst: So 06 Nov, 2011 16:18
von Uli
Toller Bericht!
Danke!

Gruß
Uli

Verfasst: So 06 Nov, 2011 16:57
von Nefer-Nefer
Schöner Fotobericht WSAlex !


Manchmal hatte ich beim Lesen fast das Gefühl, selber dabei zu sein. Tolle stimmungsvolle Bilder von der Wüste.

LG
Nefer