Salam Thomas!
für welche art von angeboten gilt denn dieses einmal ablehnen und dreimal zusagen?
Hmmmm .... das ist sooo einfach gar nicht mal zu beantworten.
Das ist eine Sache des Fingerspitzengefühles; zunächst einmal muß man unterscheiden, WER einem WO ein Angebot macht.
Der Ägypter tut sich ein wenig schwer, sich ausländischen Besuch ins Haus zu holen. Der "kleine Mann" (und das ist immer der, der MICH interessiert!) wohnt meist in bescheidenen Verhältnissen und ist in seinem Sozialverband fest integriert. Selbst in der Millionenstadt Kairo bestehen wohl viele hundert solcher Verbände, wir würden vielleicht "Nachbarschaft" sagen, obwohl die Verbindlichkeiten für den einzelnen hier erheblich weiter reichen. Die konservative, ägyptisch / arabische Lebensweise fordert bestimmte Dinge, die wir so nicht kennen. Beispiel: wenn man eine Familie besucht, werden die Kinder gut und reichlich beschenkt, nicht der Hausherr. Es ist nicht einfach, einen von "uns" in sein Haus einzuladen; die Wahrscheinlichkeit, dass man in eines der zahlreich aufgestellten Fettnäpfchen tritt, ist längst nicht null. Es wäre allein eine ziemliche Katastrophe (!), wenn man als nassforscher deutscher Besucher in die Bude stürmt und erst mal der Dame des Hauses auch noch möglichst lange die Hand schüttelt. Man meints ja gut, aber das Ergebnis kann schrecklich sein.
Freunde gehen ungehindert und immer höchstwillkommen im Hause der Freunde ein und aus. Man gewinnt schnell den Eindruck, dass nur noch der Gang zum Klo und das Abarbeiten der "ehelichen Pflichten" eine intime Angelegenheit ist, wo man nicht auch noch im Kreise der Freunde zusammenhockt.
Fremde, gerade wenn sie in eine Notlage geraten, werden selbstverständlich immer bewirtet und wenigstens vorübergehend aufgenommen. Sie ernten für gewöhnlich auch immer sehr viel Zuwendung, im "inner circle" aber befinden sie sich nicht. Vielleicht noch nicht; so eine Beziehung kann ja bekanntlich wachsen.
Freundschaften erkalten auch niemals! Sie können mit passender arabischer Leidenschaft in erbitterte Feindschaften umschlagen, aber das "Hallo!", wenn man sich nach vielen Jahren wiedertrifft, ist immer ein großes. So begegnete ich mit Freund Yehia mitten im Grabtempel des Ti einem jungen Mann, beide stürmten aufeinander zu, laut rufend und palaverten eine gute halbe Stunde lauthals und sehr amüsiert. Als sie sich trennten, fragte ich Yehia, ob das ein Verwandter gewesen sei. Er glotzte mich einigermaßen überrascht an und flüsterte: "Oooch ... das war ein Freund der Familie. Den hab ich vor fünf Jahren das letzte Mal gesehen."
Daher der arabische Brauch der dreimaligen Einladung ... verzeih, wenn ich sehr ausführlich war, aber "Regeln" dafür gibts nicht, es ist in der Praxis nicht leicht zu verstehen und einzuordnen.
Zunächst ist die Einladung ins Haus immer eine Forderung der Höflichkeit und gehört vermutlich zu einem intimeren Gespräch (auch mit Fremden!) dazu wie das Niesen zum Schnupfen. In Einzelfällen dient leider diese Einladung auch zum Nepp und abgekochte und geschäftstüchtige Ägypter nutzen sie, um ihre Opfer ganz in Ruhe ausnehmen zu können. Ich habe sogar davon gehört, daß solche Einladungen verkauft werden um dem Touri Gelegenheit zu geben, zuhause darüber als "Reiseerlebnis" schwadronieren zu können. Spricht ein Mann eine solche Einladung an eine einzelne Frau aus: Vorsicht! Der Typ hält mit großer Wahrscheinlichkeit die Frau für leichte Beute und für wertlos, da ungläubig (das ist leider KEIN Scherz). Ein gläubiger Muslime würde
niemals eine fremde Frau zu sich einladen!
Mal anders herum geschildert: triffst du im ägyptischen Nirgendwo jemanden, mit dem du gemeinsam eine Shisha schlabberst und über den Tag quatschst und der lädt dich nach .... sagen wir: einer halben Stunde im "Nebenbei-" Ton ein, warte! Wenn er ein wenig betonter nach weiteren zwei Gläsern Tee engagiert darauf bestehst, dass du heute abend zum Essen kommen musst, bedanke dich und ..... warte! Willst du elegant wirken, lädst du selbst ein! Wenn man sich nach einer weiteren halben Stunde trennen will und der Ägypter überschüttet dich mit seinen besten Wünschen für deine nächsten drei Stunden, empfiehlt, ja fordert von dir, noch etwas ganz bestimmtes zu sehen oder zu erleben ("Die Hassan-Moschee, die MUSST du einfach gesehen haben!") und lädt wieder, diesmal möglichst mit konkreter Uhrzeit (in Ägypten ein rein "ungefährer" Begriff, wahrscheinlich wird das Essen nicht fertig sein!

) ein .... BINGOOOO! Du hast es geschafft! Du hast eine ECHT ägyptische Einladung! Darauf kann man sich was einbilden, kriegt nicht jeder, geschweige denn sofort!
(Übrigens: interessant, die Sache mit dem "bösen Blick"! Kann das vielleicht damit zusammenhängen, dass sehr viele Tunesierinnen mit dem "Auge der Fatma" oder auch der "Hand der Fatma" herumlaufen und daher die einfachen Ägypter glauben, es müsse schon sehr viele böse Leute in Tunesien geben, weil sie sich so intensiv voreinander schützen ... ?)
Mich würde interessieren: welche Erfahrungen habt IHR mit solchen und ähnlichen Einladungen gemacht ... ?
Gruß
Nebtaui