Lange waren wir unsicher, ob wir überhaupt reisen sollten. Die vielfältigen Berichte verunsichtern uns doch gewaltig. So hielten wir uns an die Hinweise des auswärtigen Amtes. Und ich muss sagen, ich bin sehr froh, dass sie nicht der allgemeinen Hysterie folgen, sondern ihre Hinweise gut überlegt veröffentlichen. Ich will nichts beschönigen, aber der Bevölkerung geht es stimmungsmäßig besser als vor einem Jahr. Die Stimmung ist viel gelöster und die Erwartungen sind hoch, vieles ist einfacher. Alle sind der Meinung, dass in ein paar Monaten eine neue Regierung dafür sorgt, dass die Touristen strömen. Nur wenige haben verstanden , warum sie jetzt ausbleiben. Denn wirtschaftlich geht es vielen sehr schlecht. Sie sind jedoch bereit das durchzustehen und für ihre Freiheit zu kämpfen. Und alle, mit denen ich gesprochen habe, wünschen natürlich einen islamischen Staat.
Aber ich wollte ja einen Reisebericht schreiben. Alles andere würde an dieser Stelle ausufern. Nur vorab noch dieses: Wir sind zwar individuell gereist, waren jedoch nie ohne einheimische Begleitung unterwegs, einfach daher, weil wir Freunde besucht haben.
Pläne hatten wir dieses mal nicht, wir wollten einfach sehen, wie die Lage ist und dann vor Ort planen. Am Flughafen gab es die erste Neuerung, unser Freund und Reiseführer wartete in der Ankunftshalle, was vorher nicht möglich war. Trotz der fortgeschrittenen Tageszeit fuhren wir noch mit dem Minibus Richtung Bahariya. Nach zwei Dritteln der Fahrt und mehreren Ausreiseanträgen meines Mageninhalts trafen wir auf Mohamed, der uns mit Waheeds Wagen entgegen kam. Wir tauschten und tauchten ab in die Wüste um dort die Nacht zu verbringen. Waheeds Frau hatte ein warmes Abendessen eingepackt. Köstlich! Den nächsten Morgen haben wir dann mit schlafen und frühstücken verbummelt und sind dann langsam in Richtung Bahariya gezockelt, zwischendurch ein wenig am Pyramidmountain rumgeklettert, Tee gekocht und dann endlich ins Haus gefahren. Es war so schön alle wohlbehalten wiederzusehen. Der Gemahl wurde ja zwischenzeitlich zum Familienmitglied erklärt und so konnte er auch ungehindert die Damen begrüßen und wir alle zusammen essen. Es war ein sehr gemütlicher Abend, bei dem die Kinder durcheinander turnten, alle durcheinander schwätzten und mein Sprachzentrum ins Schleudern kam. Aber Waheed hatte das Jahr genutzt und viel Englisch gelernt und konnte sich so mit meinem Cheffotografen unterhalten. Wir beschlossen Silvester mit Waheeds Frau und den Kindern in der weißen Wüste zu verbringen. Darauf freuten wir uns sehr. Die Tage bis dahin verbrachten wir mit Besuchen von Bekannten, einer kleinen Wanderung in der schwarzen Wüste, einer Feier zur Verlobung, einer Übernachtung in den Dünen vor Bahariya und unserem gemeinsamen Hobby, dem Auffinden von Dosen. Wenn wir daußen nächtigten, hatte ich immer eine Chance lange Gespräche mit Waheed zu führen. So lernte ich eine Menge über das System in Bahariya und das Zusammenleben dort. Aber als wir einmal im Haus übernachteten, weil es zu kalt war, habe ich eine halbe Nacht mit der Gemahlin und den Kindern in Decken gewickelt im Bett verbracht. Waheed musste noch Vorbereitungen (Freunde) treffen und so hatten wir endlich mal die Chance zu zweit zu reden. Mir wurde vorher immer erzählt, die Frauen in den Oasen seien das ja gewohnt und wären glücklich mit ihrem Leben. Na ja, so ganz stimmt das wohl doch nicht. Aber die Damen dort kontrollieren sich gegenseitig und so ist eine Verhaltensänderung sehr schwierig. Aber wir arbeiten dran. Sie lernt unauffällig sehr viel, kann Auto fahren, und wenn die Kinder größer sind, will sie mehr. Ihr Mann unterstützt sie, soweit es für ihn möglich ist. Zusammen mit Ausländern in die Wüste zu fahren war schon ein Novum.
