Auf arabischen Straßen gilt das Gesetz des Dschungels
Von Anne-Beatrice Clasmann, dpa
Stau während der Rush Hour in Kairo.
Denn auf Ägyptens Straßen gilt das Gesetz des Dschungels, und das bedeutet: Busse und Lastwagen «nehmen sich» die Vorfahrt, kleinere Fahrzeuge müssen Platz machen, und Fußgänger laufen um ihr Leben. Vertreter von Coca-Cola, Devon Energy und anderen amerikanischen Konzernen in Ägypten wollen deshalb demnächst einen Verein gründen, der Kairos Straßen sicherer machen soll. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den Weltgesundheitstag (7. April) in diesem Jahr dem Thema Straßenverkehrssicherheit gewidmet.
Obwohl in der Region Afrika-Nahost gemessen an der Einwohnerzahl weit weniger Fahrzeuge unterwegs sind als in den westlichen Industrieländern, ist die Zahl der Toten wesentlich höher. So zeigt eine neue Studie der Kairo-Universität, dass das Verhältnis von Fahrzeugen und tödlichen Unfällen in Ägypten bei 10 000 zu 20 liegt, im Vergleich zu 10 000 zu 2 in einigen europäischen Staaten.
Nach Angaben von Gesundheitsminister Mohammed Tageddin starben auf Ägyptens Straßen im vergangenen Jahr 6000 Menschen, was auch an der schlechten Erstversorgung der Verletzten liegt. Auf diesem Gebiet sind zwar in den vergangenen Jahren schon Fortschritte erzielt worden, doch oft stecken die schlecht ausgestatteten Krankenwagen so lange im Stau, dass der Verletzte noch während des Transports stirbt.
Während die Zahl der Verkehrstoten in Europa rückläufig ist, nimmt sie in einigen arabischen Staaten wie Ägypten und Saudi-Arabien noch zu. «Bei 90 Prozent der Unfälle ist nicht das Fahrzeug defekt oder die Straße schlecht, sondern das Fehlverhalten des Fahrers ist die Ursache», meint der ägyptische Verkehrsexperte Hassan Mahdi. Tatsächlich, wer in Ägypten mit dem Auto unterwegs ist, muss auf alles gefasst sein. Ampeln haben allenfalls dekorative Funktion, und Geisterfahrer treiben in großer Zahl und ohne jedes Schuldbewusstsein ihr Unwesen.
Auf Regierungsebene hat zwar in einigen arabischen Ländern schon ein Umdenken stattgefunden, doch bei der Umsetzung hapert es noch sehr. «Viele Minibus-Fahrer haben keine Fahrerlaubnis, doch wenn sie kontrolliert werden, stecken sie dem Polizisten einfach ein paar Scheine zu», klagt Mahdi. Das Auswärtige Amt warnt in seinen Reiseempfehlungen für Ägypten seit Jahren vor der riskanten Fahrweise vieler Busfahrer. Jeden Monat verunglückt irgendwo in Ägypten ein Tourist. Das Tourismusministerium in Kairo hat nun reagiert und kürzlich einen Strafenkatalog für Reisebusunternehmen angekündigt.
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Schwer zu ermessen ist, in welchem Maße das starke Gottvertrauen der Menschen in den arabischen Staaten Einfluss auf das leichtsinnige Verhalten im Straßenverkehr hat. Nicht selten bekommt ein Fahrgast im Kairoer Taxi auf die Frage, weshalb der Fahrer seinen Gurt nicht schließt, die Antwort: «Über Leben und Tod entscheidet alleine Gott.» Um die religiösen Gefühle der Menschen nicht zu verletzen, betonte auch das Kairoer Tourismusministerium kürzlich in einer Pressemeldung zu den neuen Strafen für Busfahrer: «Der Tourismusminister Dr. Mamduh el Beltagui stellte fest, dass Verkehrsunfälle von Gott gewollt sind.»
Quelle: http://www.stimme.de/reisen/fernweh-rei ... 97572.html
1.4.2004 14:30
Ob dieser Artikel auch unter die Rubrik "Aprilscherz" fällt.
nauna