WorldMUN-Simulation in Ägypten

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WorldMUN-Simulation in Ägypten

Beitragvon Osiris » Sa 10 Apr, 2004 15:08

Internationales Studententreffen im ägyptischen Sharm el Sheikh
Von Christina Bramsmann

In New York treffen sich diese Woche über 3000 Studenten zu einer Simulation der Uno, bei der Studierende als Nachwuchsdiplomaten fremde Länder vertreten. Kurz vorher findet wie jedes Jahr die World Model United Nations der Harvard Universität, kurz WorldMUN, statt, ebenfalls eine Simulation, ein bisschen kleiner als in New York, aber dafür internationaler und jedes Jahr in einem neuen Land. Diesmal war mit Ägypten zum ersten Mal ein afrikanisches Land Gastgeber und außerdem eines der Länder, das einerseits als Heimat von Terroristen immer wieder selbst im Blickpunkt der Vereinten Nationen steht, andererseits aber auch viele tausend Touristen anzieht.

Beduinenmusik aus der ägyptischen Wüste. Eine Touristenattraktion mit Bauchtanz und Wasserpfeife. Im Halbdunkeln sieht man an den Felswänden der Open-Air-Disko viele kleine Jungen. Sie versuchen Stoffarmbänder und Halsketten zu verkaufen. Ein komisches Gefühl für die Studenten, die doch eigentlich feiern wollen. Bis auf dieses eine Mal haben sie zur ägyptischen Realität kaum Kontakt. Ziemlich absurd, findet Christian Miege, der zur Zeit Jura in Amsterdam studiert und auch schon in Brasilien und Istanbul auf der Uno-Simulation war:

Kritisch anzumerken war sicher die pompöse Inszenierung, dass es ein sehr luxuriöses Hotel war. Wenn man die Gegend um Sharm El-Sheikh kennt, diese Touristenstadt mitten in der Wüste, war es für ein Studententreffen ungewöhnlich. Aber wenn man die Uno simulieren will, muss man das so realistisch wie möglich tun. Vor allem an dem Ort wo die Friedensgespräche zwischen Israelis und Palästinensern stattgefunden haben.

In einem riesigen runden Saal im Fünf-Sterne Hotel Mövenpick haben also auch schon Bill Clinton, Helmut Kohl und Jassier Arafat getagt. Das Hotel könnte in jeder Stadt der Welt stehen, wirklich ägyptisch ist hier nicht mal das Essen. Es gibt Hamburger und Chicken Wings.

George Tsiatis ist der so genannte Generalsekretär, also der Kofi Annan des Harvard-Teams. Für ihn war die Entscheidung für diesen Ort nicht leicht.

In den nahen Osten zu gehen, war sicher verbunden mit Unsicherheiten. Zum Beispiel über die politische Situation, über mögliche Probleme, auf die wir stoßen könnten, beispielsweise in der Infrastruktur. Aber das Gastgeberteam hat sich unglaublich angestrengt, um uns zu überzeugen und dann auch wirklich alles das umzusetzen, von dem sie uns überzeugt hatten. Deshalb bin ich sehr froh, dass wir die Entscheidung für Ägypten getroffen haben und dass die Unsicherheiten nie zum Thema werden mussten.

Es war wohl vor allem die Sicherheit, die den Amerikanern Sorgen machte. Delegationen aus den USA durften aus Kairo nur mit Militärschutz anreisen. Ein Treffen in den unüberschaubaren ägyptischen Hauptstadt wäre also kaum möglich gewesen. Nihal Abdel-Aziz war im vergangenen Jahr auf der Uno-Konferenz in Heidelberg. Die Wirtschaftsstudentin aus Kairo ist einfach stolz, Organisatorin der ersten WorldMUN in Afrika zu sein.

Wir hatten so viele Sorgen mit der Vorbereitung. Wir sind nur zu siebst und gehen alle noch in die Uni. Das war eine große Verantwortung. Aber allen scheint es zu gefallen, es gibt keine großen Beschwerden und deshalb sind wir auch glücklich und zufrieden.

Die ägyptischen Studenten kennen die Probleme ihres Landes. Es schien nur so, als ob sie sie den Gästen nicht zumuten wollten. So wie die Touristen in Sharm El-Sheikh nur vom Hotel an den Strand stolpern müssen, sollte auch die Konferenz auf neutralem Boden stattfinden.
Vahat Tenwir kennt die Probleme der Gastgeber. Er kommt aus Pakistan und musste mit fünf Kommilitonen aus Pakistan lange gegen die Behörden kämpfen, bis er endlich fliegen durfte. Und es hat sich gelohnt:

Ich finde alle Unis aus Pakistan sollten zu einer solchen Konferenz fahren um zu verstehen, wie die Welt funktioniert. Zu Hause ist man schnell isoliert und kann nur Bücher lesen. Aber hier sind die echten Ideen. Mir hat das hier die Augen geöffnet um zu verstehen, wie die Welt funktioniert und wie die Jugend über die Probleme der Zukunft denkt.

Vahat Tenwir vertrat die Rolle von Sierra Leone im Entwicklungsprogramm der UNO. Das Thema: Nachhaltiger Tourismus. So schloss sich also der Kreis von der äußeren Umgebung zum Inhalt der Konferenz. Die Resolution der Studenten betont besonders , wie wichtig der Kontakt Touristen und Bevölkerung ist und dass vor Problemen wie Armut und Wassermangel nicht die Augen verschlossen werden dürfen.

Trotz aller Kritik: Die Konferenz in Sharm El-Sheikh war ein Erfolg. Unter den 900 Studenten aus über 50 Ländern entstanden Freundschaften, Beziehungen und Ideen, die vielleicht irgendwann auch die Situation in Ländern wie Ägypten ändern können.

(deutschlandradio)