Wüstentrip - Mons Claudianus

Hier Fragen und Infos die das Reisen nach bzw. in Ägypten betreffen (keine Nennung von Veranstaltern / Anbietern)

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Wüstentrip - Mons Claudianus

Beitragvon Isis » Di 20 Jun, 2023 20:57

Wüstentrip - Mons Claudianus

Auch dieses Mal haben wir uns zwei Jeeps geordert, wie auch schon
bei der Tour nach Gabal Abu Duchan

(siehe hier → Wüsten Tour ins Dschebel Duchan Gebirge / Massiv <--- )

Wie immer waren wir sehr früh auf den Beinen und starteten in Hurghada.
Nach dem gestrigen Tag zu Mons Porphyritis ( Porphyrberg ) hatten wir schon
eine Vorahnung was die Wüstenfahrt bedeutet und wir ordentlich durchgeschüttelt
werden. Bis auf einige Stellen trat unsere Befüchrtung jedoch nicht ein.
Die Fahrt nach Mons Claudianus war sehr entspannt, im Gegenteil,
es stellte sich fast wie eine Spazierfahrt da.

Heute sahen wir auch einige idyllischen Sanddünen, die, wie wir erfahren haben,
zum Sandboarding genutzt werden. Da es aber momentan im ganzen Land mit dem
Tourismus sehr schlecht aussieht, werden diese "Adventure Touren" in der
Region um Hurghada nicht angeboten bzw. genutzt.

Bild

Wir fuhren immer weiter ins Gebirge hinein und die Landschaft war wieder
einmal sehr beeindruckend mit ihren Licht- und Schattenspielen.

Bild

Da unser Fahrer uns diese Stelle zeigen wollte, machten wir hier unsere erste kleine Pause.
Er erklärte uns, das es sich hier um eine „überdimensional“ Landkarte des Gebirges
handeln soll. Aus welcher Zeit sie stammt, konnten wir nicht wirklich in Erfahrung bringen.
Es soll sich wohl um etwas „neues“ handeln und hat somit nicht direkt etwas mit
unseren gesuchten Römern zu tun.
Auch bei meiner Recherche nun zu Hause, konnte ich leider nichts über diesen
Ort und seiner Bestimmung herausfinden.

Bild

Bei unserer Weiterfahrt hat unser Fahrer auch jeden Berg namentlich aufgeführt.
Alle Namen im Kopf zu behalten, war für mich als Laie unmöglich. Nur einen Berg
bzw. eine Bergkette mit dazugehörigem Wadi ist mir in Erinnerung geblieben - Umm Barud
Hier wurde Quarzdiorit abgebaut, der Marmor Tibereum genannt wurde.
In Barud Tiberiane, wie das Lager hieß, wurde neben einem Fort, das unter der Leitung
von Mons Claudianus stand, auch drei Steinbrüche zum Abbau des Quarzdiorit gefunden.
Es wurden bei Grabungen am Fort selbst auch 600 Ostraka (beschriftete Tonscherben)
gefunden, die uns mitteilten das die Steinbrüche vermeintlich unter Tiberius erschlossen
wurden. Daraus soll auch der Name Tiberiane stammen. Die Hauptnutzungszeit des Kastells
wird aber eher in die antoninische Zeit datiert, hierzu wurden viel mehr Korrespondenzen
zu dem Lager gefunden. Laut den Recherchen von Peacock 1997 sollen Bodenplatten
in der Palastanlage Domus Tiberiana in Rom identifiziert worden sein.
Wie ich feststellte, handelt es sich hier mal wieder um einen sehr interessanten Ort,
der auch auf die „to do“ Liste für den nächsten Besuch wandert, da heute leider
keine Zeit dafür eingeplant war.

Bild

Aber nun erst einmal weiter Richtung Mons Caludians

Bild

Unser erster Kontakt mit dem Ort war einer der unzähligen Steinbrüche.
Hier, um genau zu sein, handelt es sich um die Steinbrüche aus dem Bereich II 130 / 134
von der Liste die Peacock (1997) die er bei seinen kartografischen Arbeiten vergeben hat.

Bild

Bild

Der Steinbruchbezirk von Mons Claudianus erstreckt sich nördlich und südwestlich des
Forts. Es sind wohl bis jetzt 200 einzelne Brüche verzeichnet worden.
Wovon sie alle einer unterschiedlichen Größenordnung unterliegen, im Durchschnitt
hatten sie aber 20m Durchmesser. Das hier abgebaute Gestein wurde von den Römern
Marmor Claudianum genannt und es handelt sich um Quarzdiorit / Granodiort.
In den Steinbrüchen wurde zwischen dem
Späten 1. und der Mitte des 3. Jahrhunderts gearbeitet.

Hier an der Abbruchkante kann man den Stein gut erkennen. Da der Rest mit
Wüstenstaub bedeckt ist, sieht das Ganze im Roh bzw. unbearbeitetem Zustand,
sagen wir mal, eher „unspektakulär“ aus.

Bild

Hier in der Gegend wurden hauptsächlich monolithische Säulen aus dem Fels geschlagen
(dazu später mehr). Hier haben wir aber ein gutes Beispiel wie ein Bruchgebiet
für Säulen aussieht. Da es nur zum Teil abgebaut ist und man noch
einige Säulen hier herausschlagen könnte.

Bild

Die Arbeiten der Römischen Steinmetze kann man gut erkennen. Im Laufe der Zeit
wurde die Keilspaltungstechnik natürlich auch verfeinert bzw. weiter entwickelt.
Anhand der Breite und Abstände der Keile ist heute genau nachvollziehbar, zu welcher
Zeit hier gearbeitet wurde. Die Technik an sich blieb aber fast bis ins Frühe 20. Jahrhundert
unverändert. Es wurden Löcher in den Stein geschlagen, in diese Löcher wurden Holzkeile getrieben,
die man mit Wasser zum Aufquellen zwang. Durch den entstehen Quelldruck
wurde der Stein gespalten oder wie die Steinmetze es nennen – Schroten.
Je härter der Stein war, um so besser konnte man dieses Verfahren anwenden.

Bild

Bild

Warum es dieser Monolith nicht geschafft hat weiter verarbeitet bzw. weiter abtransportiert
zu werden, kann er uns leider nicht sagen, da er auch viel zu tief vom Sande eingelagert ist.
Es zeigt uns aber … die Ausschussarbeiten, sozusagen,
wurden einfach an Ort und Stelle liegen gelassen.

Bild

Ist das nicht eine herrliche Aussicht ??? ….
nun aber weiter und nicht wieder zu viel Zeit mit Träumen verlieren.

Bild

Zuletzt geändert von Isis am Fr 14 Jul, 2023 18:47, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitragvon Isis » Di 20 Jun, 2023 21:00

nach einer sehr kurzen Fahrt hatten wir das
Hauptlager von Mons Claudianus erreicht, im Schatten des heutigen Gebel Fatireh.
Das Lager war eigentlich nicht nur eine Garnison, auch wenn es unter militärischer
Verwaltung stand, da hier in der Siedlung zu manchen Zeiten bis zu 1000 Menschen
untergebracht waren. Die Siedlung verfügte über einen Tempel für Serapis,
luxuriöse Verwaltungsgebäude, eine Garnison, Viehställe,
sowie Wohn- und Arbeiterunterkünfte, wo wahrscheinlich die Meisten untergebracht
waren. Die Arbeiten in den Brüchen wurde schätzungsweise unter Kaiser Claudius
begonnen, der somit auch der Namensgeber sein soll. Die hier gefundenen Ostraka zeigen
uns aber, das der Höhepunkt und somit die größte Ausbeute und die damit verbunden
Arbeiten wohl unter Trajan, Hadrian und Antoninus Pius zu verzeichnen waren.
Im 4. Jahrhundert wurden die Steinbrüche dann aber aufgegeben.

Wir entschieden das wir uns als erstes den vielen Steinbrüchen widmen.
So führte uns unsere Weg erst einmal den Berg hinauf, wo wir auch eine
bessere Übersicht über das gesamte Lager hatten.

Auch hier erst einmal unseren Weg in die Steinbrüche
vom Wadi Umm Hussein (Region II u. III Liste von Peacock)
bis hin zum Pillar Wadi (Region VI laut Peacock)

Bild

Von der Talsohle folgten wir der einstigen Laderampe, oder wie es in allen Plänen heißt
der – Slipway. Wie viele unzählige Arbeiter vor uns wohl schon diesen Weg
gegangen sind ??

Bild

Die Wiederentdeckung von Mons Claudianus haben wir M. Burton und G. Wilkinson 1823
zu verdanken. Gefolgt von Lefèbvre 1837, R. Lepsius 1845 und E. Floyer 1886, um
nur einige zu nennen. Auch Schweinfurth machte hier 1885 Station,
das Deutsche Archäologische Institut - Abteilung Kairo arbeitete 1961 und 1964 hier.
Die 1967 ihre Aufzeichnungen veröffentlichten, die mir viel Informationen lieferten.
Schließlich wurde Mons Claudianus von 1987 bis 1993 von einem internationalen Team
unter der Leitung von J. Bingen gründlich ausgegraben und erforscht.
Leider wie in so vielen Fällen, kommt man als Laie nicht so einfach an wissenschaftliche
Publikationen, was es einem nicht gerade einfach macht zu recherchieren.

Bild

Zuerst den Berg hinauf zu gehen, erwies sich als sehr gute Idee. Von hier oben
hatten wir diesen super Überblick über die Ausmaße der gesamten
Garnison oder besser gesagt über die ganze Siedlung.

Bild

Aber nun erst einmal weiter nach oben ...
Auf dem Weg fanden wir auch schon die ersten Bruchkanten und die dazugehörigen
Stücke, die es aber leider, oder eben zu unserem Glück, nicht zum Abtransport geschafft
hatten. So können wir noch genau die Abbauspuren erkennen.
Man kann hier auch noch gut diese überstehenden Zapfen oder Steinnasen erkennen,
die man zum Befestigen der Seile, an den Stücken belassen hatte. Sie wurden erst später,
im Verlauf der Fertigstellung der Stücke, entfernt.

Bild

Unser eigentliches Ziel ist der Bruch mit der Bezeichnung 120 im Bereich VI.
Unser Weg führte uns an unzähligen Steinbrüchen vorbei, die wir nicht genau
lokalisieren konnten. Da viele Brüche genau neben einander liegen und manche
nur bis zu 20m breit unterteilt waren. Da haben selbst die Archäologen Mühe
hier den Überblick zu behalten.

Bild

Als wir unser eigentliches Ziel erreicht hatten, wussten wir an Hand der
Großen Säule, die hier liegen gelassen wurde, das wir nun richtig sind.
Wie schon am Anfang erwähnt, wurden hier in den vielen Brüchen hauptsächlich
solche großen Monolithischen Säulen aus dem Stein geschlagen. Es wurden aber
auch Brunnenschalen, Wand- und Bodenplatten und sogar Badewannen aus
dem Marmor Claudianum hergestellt.

Ach ja … an Hand eines Selbstversuchs, (Bild zwei) oder nennt man so was
schon angewandte Archäologie :) hat unser Mitreisender erkennen müssen, dass er
allein die Säule doch nicht bewegen kann :)

Bild

Die Säule wurde aber bewegt, denn die Bruchstelle war nicht auch gleich
der Bearbeitungsplatz. In vielen Fällen wurde in der Nähe auf einem begradigten
Teil die Säulen vorbearbeitet, wie wir hier neben der Säule an Hand der kleinen
Bruchstücke noch gut sehen können.
In vielen solcher Arbeitsbereichen wurden kleine Schmiedebereiche an Hand
von Kohle-, und Schlackefunde nachgewiesen. Die Steinbruchwerkzeuge waren
mit einer angeschweißten Stahlspitze bzw -kante ausgestattet, den Eisenwerkzeuge
würden keine Sin machen, da sie für die Steinberabeitung zu weich gewesen sind.
Eine größere Schmiede befindet sich im Steinbruch 92. Da man zum Stahlschweisen
eine höhere Temperatur benötigt, wurden die Arbeitsgeräte anscheinend dort hergestellt
und repariert. Hier vor Ort, wurde eben regelmäßig zum Schärfen der Arbeitsgeräte
nur noch nachgeschmiedet.

Bild

Aus dieser Perspektive kommt das gute Stück so richtig zur Geltung.
Mit einer Länge von 18m und einem Durchmesser (an der Basis) von 2,70m
kommt die Säule auf eine ca. Gewicht von unglaublichen 200 Tonnen.
So wie zu lesen ist, war sie für den Pantheon in Rom vorgesehen.
Sieben der acht Frontsäulen haben es ja von hier aus geschafft nun in Rom
zu stehen. Ich bezweifle aber, dass diese hier je als Nummer 8 dafür gedacht war.
Die Säulen am Pantheon sind „nur“ 12m hoch und haben einen Durchmesser
von 1,50m, somit kommt eine Säule auf eine Gewicht von ca. 60 Tonnen.
Also doch viel kleiner als diese die wir hier vor uns haben
(den genauen Bestimmungsort heraus zu finden verschieben wir mal, denn
sonst wird meine Recherche doch zu umfangreich).
Es wurden aber natürlich nicht nur für das Pantheon Säulen benötigt.
Auch im Forum Romanum, Caesarforum und u.a. im
Trajanforum sind heute noch Säulen von hier zu bestaunen.

Bild

Hier habe ich euch eingezeichnet, wie verzweifelt man versuchte die Säule
zu reparieren um sie somit doch noch zu retten. An der Basis wurde wohl
„geflickt“ und auch der Riss an der Seite war wohl noch nicht ganz so schlimm
…. was der Säule, sagen wir mal den Todesstoß gab, war der komplette Riss der sie
in zwei Teile zerbrach.

Wenn man das kleinere Stück daneben bestaunt, könnte man zu dem Schluss kommen,
das es der Säule ähnlich erging. Nur wurde hier wohl entschieden, eine
kürzere Säule daraus herzustellen.

Bild

Bild

Jede Säule oder Werkstück ist mit einer Zahl bzw. Säulenkennung versehen. Hier in
diesem Fall, wurde sie mit roter Farbe vom Werksführer / Vorarbeiter angebracht.
Auf einigen Säulen wurden die Kennungen aber auch eingemeißelt.
Wir haben diese Zahl hier erkannt ... P / XL ?? / ?? LOC … leider habe ich über die
Kennung nicht viel herausgefunden, vielleicht weiß jemand mehr dazu und
könnte mir ein paar Daten zukommen lassen.

Edit by isis: Ich bin nun doch noch fündig geworden.
Im Buch von Hélène Cuvigny: A Survey of Place-Names in the Egyptian Eastern Desert …..
Sie erkennt das hier:

[c(aesura)]? Ep(aphroditi)
[e]x lat(omia)
[P]ḥiloc( )

da sich die Autoren im besagten Buch auch nicht so recht einig sind wie
man das ganze denn übersetzt, habe ich mir bei „meinem
Schriftkundigem" User Unterstützung eingeholt.

caesura = Hauen, Fällen, Schneiden, Abschnitt
Epaphroditos = ein Eigenname (der brühmte freigelassene Sklave des Kaisers Nero?)
latomia = Steinbruch
Philoc = unvollständiger Eigenname des Steinbruchs (vielleicht Philocaesar)

also frei nach ihm Übersetzt:

Im Namen/Auftrag von Epaphroditos Herausgehauenes
aus dem Steinbruch
Philoc(aesar?)

Die gefunden Ostraka haben aber auch erzählt, dass nicht nur der Bestimmungsort
zum Weitertransport an Hand der Zahlen zu ersehen waren, auch wurden die Arbeiter
nach geleisteter Arbeit hiermit entlohnt.
Bei diesen „Abrechnungen“ waren die Kennzahlen somit auch sehr wichtig.

Wo wir aber gerade bei den Arbeitern sind. Hier waren viele qualifizierte
Steinbrucharbeiter beschäftigt. Die Abrechnungsaufzeichnungen zeigen uns
das hier Beamte, Facharbeiter, Zivilarbeiter und Hilfsarbeiter Lohnberechtigte waren.
Viele der Arbeiter verdienten ca. 47 Drachmen im Monat, was doppelt soviel war
wie der Lohn der Arbeiter im Niltal. Auch wurden sie zusätzlich mit Lebensmitteln
z.B. Weizenzuteilungen entlohnt.

Bild

Hier haben wir auch ein eindrucksvolles Beispiel für die Abtrennung einer Säule
von seiner Basis. Da sie sich unweit der zweiten „kurzen“ bearbeiteten Säule befindet,
könnte man annehmen das hier das Gegenstück der Säule liegt und man sich nur für
das noch heile Zwischenstück zur Rettung der Säule entschied.

Bild

Nun blicken wir der Transportstraße zur Verladerampe den Pillar Wadi entlang
(dazu dann aber später mehr).
Was sehr auffällig ist, sind diese Schottertürme die sich laut G. Schweinfurth im Abstand
von acht bis zehn Metern befinden. Da sich in unmittelbarer Nähe der Straße keine Felsen
befinden, ging er davon aus, dass sie als Stützpunkte zur Befestigung von Flaschenzügen
oder ähnlichem gedient haben.

Bild

Aber Kraus und Röder kamen zu dem Schluss, das es sich hier um ein Baumateriallager
zur Ausbesserung des Untergrundes bzw. der Straße handelt. Was für mich auch mehr Sinn
macht, da man diese lose aufgestapelten Steine, aus Stabilitätsgründen sicher nicht
als Poller benutzen kann, um daran Halteseil oder Flaschenzüge zu befestigen.
Wie ich heraus fand, wird diese Handhabung mit Schottertürme heute noch in
Russischen Steinbrüchen an den Abtransportstraßen genutzt.
Man hat hier keine Karren- oder Schleifspuren gefunden, daher wird davon ausgegangen,
dass man die Lasten mit Rollen / Rundhölzern unter den Schlitten bewegte.
Was hingegen bekannt ist, das in den Säulen Löcher (oder die oben erwähnten Steinnasen)
vorhanden waren. In den Löchern wurden Ringe verankert, um daran die Steile zu
befestigen. Mit den Seilen und den Rundhölzern konnte man die schweren Lasten besser
manövrieren. Diese Art des Steintransportes wird auch Lizzatura genannt und ist heute,
wie bereits erwähnt, noch in Gebrauch.

Bild

Nun heißt es aber erst einmal weiter durch die Brüche streifen.
Auf unserem Weg haben wir noch einiges an Abbauphasen sehen können und
das noch einige skurrilen Felsformationen nach dem Abbau zu sehen sind.

Bild

Wie man hier an dem kleinen Ausschnitt über die Landschaft schon erahnen kann,
könnte man schon allein hier in den Steinbrüchen Tage verbringen und wir befinden
uns hier „nur“ in einem kleinen Teil des großen Areals.
Hier liegen überall halbfertige Teile herum wie z.b. diese Säulenbase im Hintergrund.
Wie oben schon mal kurz erwähnt soll hier im Steinbruch 144 noch eine halbfertige
Wanne bzw. Badewanne für eine Römische Terme zu finden sein, die heute noch
5,80 lang und 2,90m breit ist. Eine ähnliche aus Claudianusgranit, die eine Länge von
rund 7m hat, ist heute noch in Florenz zu bestaunen.
Eine fast fertige Schale bzw. ein breites Becken befindet sich in Bruch 16.
Am Ärgerlichsten war hier wohl, dass das Becken mit einem Durchmesser
von 3,80m nach harter Arbeit, kurz vor der Vollendung, dann doch gesprungen ist.
Bild → Gespaltene Brunnenschale
Heute befindet sich eine noch größere Schale mit einem Durchmesser von ca. 6m
in Rom am Dioskurenbrunnen.

Bild

Aus Zeitgründen haben wir nicht nach den zwei Stücken gesucht,
sondern machen uns nun auf den Weg, um uns dem Tal und
somit dem Lager weiter zu widmen.


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Beitragvon Isis » Di 20 Jun, 2023 21:06

Hier habe ich zum besseren Überblick, die Karte von Kraus und Röder
(und weitere Karten später)  über das Google Bild gelegt, damit man die Ausmaße
der Siedlung besser erahnen kann.

Bild

Bei dieser herrlichen Aussicht von hier oben, haben wir uns überlegt,
wie man am besten bei der Erkundung des Areals vorgeht.
Wir entschieden uns, uns erst einmal dem freistehenden Haus vor der Festung
zu widmen, bevor wir dann das Badehaus unter die Lupe nehmen.

Bild

Bild

Bild

Gesagt - getan.
Nun stehen wir vor dem vermeintlichen Wohnhaus des Verwalters oder Befehlshabers.
Leider ist es nicht mehr nachzuvollziehen für welchen Zweck das Gebäude eigentlich genutzt
wurde. Einige gehen davon aus, das es eben als Wohnhaus seine Bestimmung fand, andere
sehen in dem Bau eher ein Verwaltungsgebäude.  
Das Ungewöhnlichste in der Raumaufteilung hier im Gebäude, ist wohl ein schmaler
Vorraum über die gesamte Länge des Baues. Von dort aus gelangt man in drei weitere Räume
die mit Wandnischen ausgestattet sind. Was eigentlich eher die These eines
Verwaltungsgebäudes bestätigt.  

Bild

Wir überqueren nun die Hauptstraße / Prozessionsweg und gelangen in das Verwaltungsviertel,
mit mehreren Häusern der Beamten und Personen mit höher gestellten Berufen,
die nicht im Kastell wohnten. Das größte Haus hier im Viertel gehörte wohl der höchst
gestellten Persönlichkeit der Niederlassung, was einen kaiserlichen Prokurator oder
Verwalter der Brüche nahelegt. Dieses Gebäude verfügt über ein römisches Bad nach den
Vorlagen größerer Bäder/ Thermen aus Rom. Man sollte immer bedenken, das wir uns in der
Wüste befinden und somit ein Bad der pure Luxus und Verschwendung von
kostbarem Wasser war.
Das Bad wurde im Laufe der Zeit zwei bzw. drei mal um- und angebaut und besteht aus fünf
Räumen. Ursprünglich besaß das Bad nur einen Zugang über die Räume des Hauses, was bei
der zweiten Umbaumaßnahme geändert wurde, so dass man das Bad mit zwei weiteren
Eingängen über den Vorhof versah.

Bild

Wir beginnen nun erst einmal mit dem größten Raum, der als Apodyterium (Umkleideraum)  
zu sehen ist. Zeitgleich wurde er aus Platzmangel auch als Frigidarium ( Abkühlraum) genutzt,
was das Vorhandensein der Kaltwasserbecken zeigt, das zur Revitalisierung nach einem
langen Aufenthalt im Wärmeraum ist. Ein Badebecken, das einst freistehend genutzt wurde
befindet sich in der Südostecke des Raumes.

Bild

In der gegenüberliegenden Ecke befindet sich dieses Bassin bzw.
Wasserbecken mit drei Stufen, das in den Boden eingelassen wurde.

Bild

Bei dieser Nische die mit einer Halbkuppel ausgearbeitet und anschließend mit Ziegeln
ausgekleidet wurde, wird heute vermutet, dass dort einst ein kleiner Brunnen eingelassen war.

Bild

Im nächsten Raum haben wir zwei Granitbecken entdeckt. Wobei eines mit dem
sagen wir mal Ablaufloch, doch einige Fragen aufwirft.
Wie wurde das Loch denn verschlossen oder war gar ein Ablaufrohr darin befestigt ??
Auf diese Fragen und den Zweck der Nutzung habe ich leider keine Antwort in der mir
zur Verfügung stehenden Literatur gefunden.
Wer mehr darüber weiß, darf mir gerne die Infos zukommen lassen.

Bild

Hier ein Beispiel dafür, das man beim Umbau des Bades die Türen und Fenster,
die nicht mehr benötigt oder eben „gestört“ haben einfach mit Bruchsteinen zu gesetzt
hat. Wo wir doch gleich auch einmal bemerken, das dieses Bad einst wohl als Privatbad
gebaut war. Durch seinen Um- und Anbau dann doch um einiges größer wurde und somit
mehreren privilegierten Leuten gedient hat. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum 
das Bad dann über den Vorhof zu betreten war, ohne den Hausherren zu stören.

Bild

Nun betreten wir auch den Apsidenraum über den Eingang für Gäste, also über den Vorhof.
Von diesem einstigen Sudatorium ( Dampf-, Schwitzbad ), das über eine Größe von 2,88 x 2,06m
verfügt, gelangt man durch in Granitrahmen gefasste Türen in die angrenzenden Räume.

Bild

Links gelangt man in das Caldarium (Wärmeraum), das 2,75m  x  2,97m misst
und somit schon eine stattliche Größe besitzt. Am hinteren Teil des Bades befindet sich
ein 1,85m breites Warmbadebecken. Durch Vandalismus oder Besucher, die wohl auf
Schatzsuche waren, haben wir einen Einblick in den Boden und so kann man gut das
Heizungssystem erkennen. Es besteht aus 3 Reihen mit je 4  Ziegel
gemauerten Hypokaustenpfeilern von je o,25 x o,25m.

Bild

Hier schauen wir nun von oben in das Caldarium und können die noch vorhandenen
Wandnischen und die Rauchabzüge links und rechts der Türe erkennen.

Bild

Nun gehen wir auf die gegenüberliegende Seite und befinden uns im Tepidarium (Wärmeraum).
Oben in der Ecke kann man noch den Ansatz eines Kuppeldaches erkennen, was den Raum
wohl noch größer wirken lassen sollte. Die Tür führt in einen kleinen Nebenraum, der aber
beim Umbau wohl ganz aufgehen wurde. Man erkennt nur noch, das es eine Verbindung auf
dem Boden zu anderen Räumen gibt. Naheliegend wäre wohl die Vermutung, dass das Ganze
mit dem Heizungssystem verbunden ist. Da hier aber alles sehr eingefallen ist, müssten
dafür wohl neue Grabungen erfolgen.  

Bild

Wo wir uns schon im Beamtenviertel befinden, kommen wir auch gleich mal auf die
hier gefundenen Ostraka (beschriebene Scherben). Auch hier habe ich unterschiedliche
Angaben dazu gefunden. Es wird einmal von 9000 und einmal von 10 000 gefundenen
Stücke in Mons Claudianus gesprochen.
Ich finde solche Korrespondenz immer am spannendsten, da sie uns doch etwas über die
Verwaltung und die Lebensbedingungen der Menschen erzählt. Wie fast überall, wurden
auch hier die meisten Funde in den Schutt- bzw. Müllbergen gefunden und dadurch ist der
Kontext der Schriftstücke meist nicht mehr ganz nachvollziehbar.
Aber durch geduldige Puzzlearbeit haben sie uns doch einiges zu sagen.
So ist erhalten geblieben das die Arbeiter hier in zwei Gruppen eingeteilt wurden.
Die erste Gruppe wurde – Pagani - genannt, was für hochqualifizierte Arbeiter wie
z.B. Steinmetze und Schmiede steht. Die Pagani waren auch meist bezahlte
einheimische Arbeiter. Die andere Gruppe wurde – Familia - genannt und bestand
überwiegend aus Römern. Sie wurden als Hilfsarbeiter oder besser gesagt für Arbeiten
eingesetzt, die mehr Kraft als technisches Wissen erforderten. Sie waren bei der Verteilung
am schlechtesten gestellt.
Auf einem Ostracon das von Hélène Cuvigny (2005) veröffentlicht wurde,
ist uns eine Liste der Wasserverteilung hinterlassen worden.
Er sagt uns das zu einem Zeitpunkt 917 Menschen in Mons Claudianus untergebracht waren,
davon waren 60 Militärangehörige. Unter den 857 Zivilisten waren auch Ärzte, Tierärzte,
Friseure und Schuster aufgelistet.
Die Liste zeigt uns das Personen mit den höchsten Rängen 6,5 Liter pro Tag zugewiesen
wurden. Steinmetze (Pagani) z.B. erhielten 3,25 Liter und die ungelernten Kräfte
der Familia Gruppe nur noch 2,16 Liter pro Tag.

Bild

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Beitragvon Isis » Di 20 Jun, 2023 21:08

nun wenden wir uns dem Tempel zu, der
Zeus Helios dem großen Sarapis gewidmet wurde.

Bild

Wie einst, werden wir den Tempel über die Prozessionsstraße betreten, die
uns zu den leider nur noch erahnbaren 20 Stufen einer 7m breiten Treppe führt.

Bild

Oben angekommen, stehen wir nun schon auf dem 7m x 7m großen Vorplatz.
Von hier aus können wir bis in das Allerheiligste des Tempels schauen.
Der Tempel wurde wohl im Laufe der Zeit auch zwei bis drei Mal umgebaut
bzw. erweitert. Der älteste Teil der Tempelanlage besteht aus den hier sichtbaren,
geradlinigen Räumen. Alle Anbauten (links und rechts) wurden nachträglich gebaut.

Bild

Hier in der Vorhalle befinden sich noch zwei Säulenbasen und ein viereckige
Altarsockel. Auf dem Boden verteilt, kann man noch Fragmente des ursprünglichen
Altars erkennen. Aber durch seine sehr kleinen Bruchstücke kann man nur
erahnen, wie der Altar einst ausgesehen hat. Auch habe ich bei meiner Recherche
gelesen, dass noch zwei Blätterkapitelle zu sehen sind, die an den vier Ecken
mit Schnecken verziert sind. Leider fehlt von ihnen jede Spur.

Bild

Noch 1913 wurden sie von Weigall erwähnt und auf Bildern eines guten Freundes
aus dem Jahr 2011 sind sie noch zu sehen.

Bild

Auf einem Bild aus dem Jahr 1913 von Arthur E. P. Weigall, ist noch
alles zu sehen. Nach und nach wurde alles „weggeschafft“.

1. Altarsockel
2. größere Fragmente des Altars
3. Säulenkapitälle

Auch habe ich bei seinen Aufzeichnungen diese
Übersetzung des Altarsockels dazu gefunden:

„Im zwölften Jahr des Kaisers Nerva Trajan Csesar Augustus
Germanicus Dacicus; von Sulpicius Simius , Präfekt von Ägypten,
dieser Altar wurde gemacht."
(Übersetzung von ARTHUR E. P. WEIGALL 1913)


Bild

In der zweiten Bauphase kamen die sogenannten Priesterräume hinzu. Diese
befinden sich auf der linken Seite bei dem Anbau. Hier fallen auch gleich diese
Bruchspuren auf. Wir stellten uns die Frage, ob dieser Stein absichtlich
nicht bearbeitet wurde oder ob er ursprünglich ein „Ausschuss“ Teil war,
der hier wieder verwendet und somit zweckentfremdet wurde.

Bild

Er stützt die ursprüngliche Granitplattentreppe, also eher den Treppenaufgang,
von dem aus man zu anderen Räumen bzw. zu einer Turmstube gelangt.
Auch fällt auf, dass das Fenster zugesetzt bzw. zugemauert wurde, als der Raum
dahinter entstand. Was uns eindeutig zeigt, das die Räume dahinter, später dazu
gekommen sind. Wer genau Hinschaut, erkennt auch über der Granitplatte,
dass das Mauerwerk später und ganz anders aufgesetzt wurde.

Bild

Wenn man der Treppe folgt, gelangt man in das Innere der Turmstube.
Eigentlich kann man den Bau nur noch von außen als Turm Identifizieren.
Ich habe zwei Bilder, die uns eindeutig anhand der Rundungen zeigen,
das es sich um einen Turm handelt.

Bild

Auf der rechten Seite sticht uns sogleich auch der noch am besten erhaltene Teil
des Zuganges ins Auge. Warum das Fenster zum Altarraum oben verschlossen
wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Der „Nebenzugang“ zum Altarraum ist
offen, die zweite Türe wurde auch bei Umbauarbeiten verschlossen,
da sie laut Plan eigentlich ins Freie führen sollte.

Bild

Bild

Wir betreten nun den viereckigen Altar Raum, der einst wohl mit vier Säulen
versehen war, die die Dachkonstruktion trugen. Heute liegen sie verstreut auf
dem Boden. Auf der rechten Seite befindet sich ein Tisch, den ich zunächst
fälschlicherweise für einen Altar hielt. In den Publikationen wird immer
„nur“ ein Granitplattentisch erwähnt, welchen Zweck er erfüllen sollte,
konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen.

Bild

Ich war auf der Suche nach dem Altar, der einfach nicht gefunden
werden konnte. Eigentlich sollte er sich dort befinden, wo der rote Pfeil ist.

Bild

Weigall beschrieb ihn ausführlich in seinen Aufzeichnungen und wie schon
bei den Kapitälen, hat ihn ein guter Freund 2011 noch vor Ort gesehen.
Ich konnte nicht herausfinden, ob er nun zu seinem Schutz entfernt wurde
oder ob er verschollen ist.

Bild

Der Altar ist sehr wichtig, da er eine Weiheinschrift besitzt.
Auf der zu lesen ist, das er gestiftet wurde vom
Annius Rufus der Legat, der XV. Legion Apollinaris,
dem Vorgesetzten der Steinbrüche unter Trajan.

ANNIVS RVFVS 7 LEG(ionis) XV
APOLLINARIS PRAEPOSIT[VS]
AB OPTIMO IMP(eratore) TRAIANO
OPERI MARMORVM MONT<E>
CLAVDIANO V(otum) S(oluit) <L=I>(ibens) A(nimo)

https://de.wikivoyage.org/wiki/Mons_Cla ... s01_83.jpg

Wenn ich gerade verschollenen Teile erwähne, hier im Tempel soll sich auch
eine Hohlkehle befinden, auf dem die Uräusschlange und die Sonnenscheibe
abgebildet sind, die ein Hinweis auf die alte ägyptische Tempelkultur sind.

Ein gewisser Epaphroditos, der Vorsteher der Steinbrüche der östlichen Wüste
war, ließ im Auftrag des Präfekten Rammius, am Anfang der Herrschaft
Hadrians eine Widmung auf einen großen Türsturz eingravieren.
Der Portikus und der Türsturz haben es aber aus bautechnischen Gründen
wohl nie geschafft, am Tempeleingang als monumentale Tür aufgebaut zu werden.
Das Fragment des Türsturzes ist heute im Museum in Kairo zu besichtigen.

Aber nun gehe wir weiter in den rechten Raum, der auch als Anbau bei der
Erweiterung des Tempels dazu gekommen ist.
(Auf der Karte von 1966 Kraus u. Röder als Raum O gekennzeichnet)

Hier an der Nordwand standen wohl einst Statuen von Zeus Helios,
dem großen Sarapis, dem die ganze Tempelanlage gewidmet war. Auch hier
kann man noch gut den lachsfarbenen Putz in den vier Statuennischen erkennen,
man kann somit die Schönheit erahnen.

Burton hatte hier im Tempel auch eine Figur der großen Isis gefunden, was auch
wieder belegt, das die alten Götter doch nicht ganz in Vergessenheit geraten sind.

Bild

Bild

Auf der gegen überliegende Seite, somit auf der gleichen Achse wurden zwei
Räume angebaut. Dieser hier soll auch über Nischen für Staturen verfügt haben.
Leider kann man es in diesem Zustand nicht mal mehr erahnen.

Bild

Nun befinden wir uns im Hauptkultraum der sogenannten Cella oder wie sie bei
alten Tempeln genannt wurde, dem Allerheiligsten. Was hier auffällt, dass der
Raum über Stufen zu betreten ist. Was bei alten Tempeln üblich ist, jedoch hier
sind es mehrere Stufen. Im Raum selbst wird dann auch klar warum er wesentlich
höher lag als die anderen. Da der Raum zweistöckig war und über einen, zwar
niedrigen, nennen wir ihn mal Keller, verfügte. Hier haben wir einen Einblick
in die Kellerräume die leider auch verschüttet sind.

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Natürlich verläuft auch hier um die Cella ein Umgang, der in seiner
Gesamtheit auch noch recht gut zu erahnen ist. Auch fallen hier wieder
die zugemauerten bzw. die zusetzten Fenster auf.

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Von hier oben, haben wir noch einmal einen wunderbaren Blick auf die
einstige Prozessionsstraße, die zum Tempel führte.
Wir widmen uns nun aber mal dem eigentlichen Kastell und machen
uns auf den Abweg um das Ganze näher zu betrachten.

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Isis
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Beitragvon Isis » Di 20 Jun, 2023 21:12

Unten angekommen umrunden wir erst einmal das ganze
Fort/ Kastell. Das Kastell ist wie am Anfang schon mal erwähnt, eigentlich
mehr eine Siedlung als eine Festungsanlage.
 
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Hier waren in den Hochzeiten der Steinbrucharbeiten bis zu 1000 Menschen untergebracht.
Wobei sicherlich nicht alle hier in der Anlage Unterkunft fanden, da man auch
außerhalb der Festungsmauern noch Hütten gefunden hat.
 
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Bei der ersten Bauphase war das Kastell von einer 52m x 76m langen Festungsmauer,
ähnlich einer einfachen Kurtine mit abgerundeten Ecken umschlossen. Anhand der
Architektur wird somit der erste Bau etwa in den Übergang vom 1. zum 2. Jh. n. Chr. datiert.
 
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Da im Laufe der Zeit das Steinbruchgebiet um Mons Claudianus an Bedeutung verloren
hatte, wurde auch die Festung weitgehend verlassen und dem Verfall Preis gegeben.
Da zu dieser Zeit meist das kostbare Baumaterial, also somit die Holzkonstruktionen
abgebaut und mitgenommen wurden, entstanden sicherlich alleine schon bei dieser
Abbauphase beträchtliche Schäden.
Zur späten Kaiserzeit, etwa Ende 3./Anfang 4. Jh. wurden die Arbeiten in den Brüchen
wohl wieder aufgenommen, was dazu führte, dass das Lager auch wieder aufgebaut und
auch gleich erweitert wurde. Auch wurde die Festungsanlage im Baustiel ihrer Zeit, also
nach den „neuesten“ bekannten Befestigungsstechnicken mit verstärkten Rundtürmen,
einem viereckigen Wachturm und Bastionen versehen. Die Außenmauern wurden
nochmals verstärkt und aus Stabilitätsgründen leicht geböscht aufgebaut. Der dazu
gekommene Anbau mit einer breite von 19m wurde über die gesamte Länge ausgeführt,
somit maß die ganze Festung schlussendlich 71m x 76m.
 
siehe Plan oben, da habe ich mal versucht die
Anbau bzw. Umbauarbeiten in schwarz einzuzeichnen
rot = erste Bauphase
schwarz = zweite Bauphase
 
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Der auffällige, vorgelagerte Nordturm hat an der Basis eine Breite bzw. Länge 
von 5,63x4,25m und eine Höhe von 4,30m. Auch verfügte das Kastell über einen 
Wehrgang, der 1,25m breit gewesen sein soll. Er wurde von einer ca.50cm dicken 
Brüstungsmauer geschützt. (Maßangaben laut Kraus u. Schröder)
Es wird auch davon ausgegangen, dass eben ihrer Zeit gerecht,
diese über Schießscharten und Zinnen verfügte.

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Hier, an der Westseite, sieht man noch eindeutig die Rundecke der alten Anlage und eben
den dazugehörigen Anbau. Die hier verwendeten Granitsteine sind in Unmengen als 
Abfallprodukt in den Brüchen entstanden und in handliche Stücke zurecht geschlagen worden.
Auch kann man erkennen, das die Stücke ziemlich sorgfältig in Lehmmörtel verlegt wurden.

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Auf diesem Bild sieht man die gegenüberliegende Nordost Mauer mit der Rundecke aus
der ersten Bauphase. Die Kurtine (Mauer) links ist der ältere Teil der Anlage und nach
rechts der neuere Teil der Lagererweiterung. Wobei ich fast der Meinung bin,
das die ältere Mauer sorgfältiger aufgeschichtet ist.
 
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Nun befinden wir uns am Haupttor der Festung das sich im Westen befindet.
Wie man noch gut erkennen kann, war es einst von zwei runden Mauern zusätzlich
geschützt. Ich konnte auch in Erfahrung bringen, dass der Eingang erst in späteren
Jahren verkleinert wurde, so dass nur noch das “kleinere” Tor als Zugang übrig blieb.
Was mich wundert, das dieser einzige Zugang zur Anlage nur so leicht geschützt
ist, da ich z.B. auch keine verstärkten Mauern oder Ähnliches erkennen konnte.
 
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Das Fort verfügt über ein Straßennetz mit der Hauptlagerstraße und zwei parallel 
der Hauptachse führenden Nebenstraßen von denen viele kleine Lagergassen abzweigen.
Hier blicken wir entlang der Hauptstraße geradlinig in Richtung Tempel, 
dem wir uns aber später erst widmen.

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Wir halten uns erst einmal nördlich und richten unsere Aufmerksamkeit auf das größte
Gebäude hier im Kastell. Im Plan wird das Haus als Gebäude B geführt. Er ist nicht nur
der größte Raum, er verfügt auch als einziger über die dicksten Außenmauern
die ca. 1,40m bis 1,50 dick sind. Da der Raum so groß ist, besitzt er in der Mitte
diesen 1,20m x 1,40m großen Pfeiler, der einst die Dachkonstruktion getragen hat.
Es wird anhand der Neigung der Giebelwände und des Vorhandenseins des Pfeilers
vermutet, das sich hier ein leicht geneigtes Satteldach aus einer Holzkonstruktion befunden hat.   

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Der einzige Eingang (an der Giebelfront) von der Hauptstraße aus wurde zugesetzt und man
konnte das Gebäude nur noch über diesen schmalen Eingang in der kleinen Lagergasse betreten.
An diesem Eingang befindet sich auch ein Becken. Es besteht aus einer halbrunden Steinplatte
und verfügt über einen Ablauf, der durch die Wand führt. Wer hier untergebracht wurde, ist
nicht eindeutig festzulegen. Da sich das Gebäude direkt neben dem Tor befindet
und über die verstärkten Wände verfügt, ist es denkbar, das sich hier die Kaserne
der Lagerwache befand.
 
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Nun streifen wir weiter und erkennen auch gleich, anhand der Bauten mit den 
obenliegenden Fenstern, das es hier viele zweigeschossige Häuser gegeben hat. (Bild 1)
Bis wir diesen überdachten Gang gefunden haben. Dieser Gang ist von der
Deckenkonstruktion noch fast komplett erhalten geblieben, wir  mussten 
etwas gebückt durch krabbeln, da sich das Bodenniveau erhört hat.
Der Gang oder besser gesagt die Gasse, ist erst im Zuge der Erweiterung entstanden,
als man sich aus Platzmangel entschloss, weiter Räume in der zweiten Etage zu bauen.
 
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Der kleine Vorhof der Raumgruppe D war auch schnell entdeckt.
 
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Der Aufbau des Gebäudes ist im Vergleich zu anderen aufwendig gestaltete.
Bei der Granitplattendecke, so wie auch bei den Wänden, wurden die Ritzen
mit Steinsplitt aufgefüllt und zur Abdichtung mit einer Art Lehmputz darüber
versehen. Beeindruckend wie lange diese Konstruktion den Witterungen
doch Stand gehalten hat.
 
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Bei vielen der anderen Bauten ist die Mörtelschicht im Laufe der Zeit, durch Regen
oder sogar Sturzfluten, wie sie in der Wüste üblich sind, ausgewaschen.
Was für den Verfall verantwortlich zu machen ist.
Auch ist es auffallend, das man hier durch Mangel an Holz als Baumaterial, die gewohnte
Hausbauweise eben einfach mit Granitbalken, Deckenplatten usw. ausgeführt hat.  
 
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Auch habe ich gelesen das hier oft Wandnischen und Wandschränke gleich mit eingebaut
wurden, so bin ich mir nicht mal sicher .. war hier nun einst eine Tür oder doch ein Wandschrank ?
 
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Als Nächstes fanden wir diesen beeindruckenden Kuppelbau der laut Plan auch zu der
Raumgruppe D gehört. Die Bruchsteinkuppel hat einen Durchmesser von ca. 3m und war
damals komplett geschlossen. Auch hier ist noch die Mörtelschicht gut zu erkennen.
Im Raum befand sich auch diese Nische in der Wand. Leider wie auch bei vielen anderen
Räumen ist nicht klar, zu welchem Zweck sie genutzt wurde.
Auf alle Fälle ein imposantes Gebäude hier in der Anlage.
 
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Im Anschluss befindet sich noch ein drittes Gebäude von dem auch angenommen wird,
dass es einst zusammen genutzt wurde und somit ist es auch zur Raumgruppe D
zugeordnet worden. Dieses Gebäude verfügt auch über zwei Türen, die wie man sieht
heute nicht mehr ganz so hoch sind wie zur Erbauung. Aber auch hier ist die Decke
zum Großteil noch komplett erhalten.

Was uns auch aufgefallen ist, dass diese Gebäude selbst heute noch ihren Zweck
als Unterkünfte erfüllen. Da in den geschlossen Räumen noch Spuren von
Beduinen und ihren Tieren zu finden sind. So kann man ja noch nicht mal so
richtig von „Zweckentfremdung“ reden, wenn sie eben immer noch als Schutz
für Mensch und Tier dienen.

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Nun sehen wir uns weiter um.
Diese Säule war sicher auch einmal zum Stützen eines flachen Daches errichtet worden.
Aus statistischen Gründen ist das Dach aber sicher aus Holz gefertigt worden, da die Breite
des Raums keine Steindecke zuließ. Die Säule ist auch ganze einfach gefertigt worden, ohne
jegliche Inschriften oder Verzierungen. Vom Aufbau des Raums und der Größe, wird davon
ausgegangen, das es sich hier um einen gemeinschaftlich genutzten Raum handelt.

Wo wir schon mal bei Gemeinschaft sind. Hier im Lager waren auch Läden und sogar
Schenken zu finden. Was wieder einmal zeigt das hier auch Familien untergebracht
waren und nicht nur Soldaten.
 
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Auch heute noch sind Tonscherben vor Ort zu finden.
Die Ostraka (beschriebene Tonscherben), die bei verschiedenen Grabungen
gefunden wurden, benennen das Fort auch als Präsidium.
Dazu habe ich aber ja am Anfang schon Einiges geschrieben.
 
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Hier haben wir dieses massive Podest gefunden, wo nicht eindeutig herauszufinden ist, 
für welchen Zweck es errichtet wurde. In der Ecke befindet sich eine Treppe, die zum
einstigen Wehrgang führte. Leider erschien mir die Treppe nicht ganz sicher und ich
nahm Abstand von meinem Vorhaben, die Treppe zu erkunden.
 
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ein paar Mutigere der Truppe haben sich in die zweite Geschossebene hoch gewagt.
Von oben hat man natürlich einen besseren Blick in die darunter liegenden Gebäude.
Aber auch vom zweiten Stock ist es schwer, einzelne Räume hier auszumachen. Da der
sogenannte Anbau nur aus Wohneinheiten bestand sind diese am stärksten zerfallen.

Durch die extreme Trockenheit sind auch organische Materialien sehr gut erhalten.
Sodass man über 50.000 Textilfragmente schon gefunden hat. Auch wurden Schuhe,
Körbe, Seile und sogar Papyrusreste gefunden.
Auch Tierknochen und Pflanzenreste erzählen uns etwas über die Ernährung und Versorgung
hier im Lager. Es wurden insgesamt 55 verschiedenen Nahrungspflanzen gefunden.
Sie wurden auch mit Fisch, Schnecken und sogar Austern aus dem Roten Meer beliefert.
Darüber hinaus wurden auch Wildtiere, sowie viele Nutztiere als Nahrungsquelle genutzt.  
Sie waren aber nicht nur auf Nahrungsmittellieferungen angewiesen, denn es wurden
auch Spuren von Obst-, und Gemüseanbau gefunden.  
 
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Hier auf  Bild eins kann man die Wand zum Nordanbau noch sehr gut erkennen.
Es wurden auch drei Mauerdurchbrüche in die vorhandene Außenmauer als
Verbindung zu den neu dazu gekommenen Wohnbezirken geschlagen.
In der Literatur wird hier von einer Kurtine bzw. einem Mittelwall gesprochen, der
auch als zusätzliche Sperrmaßnahme gebaut wurde. Ich selbst kenne solch eine Kurtine
aus dem Burgenbau, aber da haben sie eindeutige einen größeren Abstand,  hier wurde
gleich an die vorhandene Mauer angebaut. Um den Bauunterschied nun herauszufinden
oder hier auszuarbeiten, sprengt aber den Bericht.  
 
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Nun sind wir wieder auf der Hauptlagergasse angelangt und stehen vor den Resten
des Lager Tempels.
Der Tempel ist fast Quadratisch aufgebaut mit seinen 9,50m x 9,80m.
Auch sind seine Bruchsteinmauern mit ca. 1m Dicke, die sich nach oben um 15cm bis 20cm
verjüngen sehr auffällig und heben sich somit von den anderen Gebäuden ab.
Er ist im klassischen Stiel aufgebaut mit einem kleinen Vorraum, von dem man in einen
(Hauptkult) Raum gelangt, an deren Ende in der Wand eine große „Altarnische“ zu sehen ist.
Rechts und links daneben befinden sich nochmals zwei schmälere Räume
(siehe Planskizze oben in blau eingezeichnet).
Es sind sich alle einig das es sich hier um einen Sakralbau handelt, nur ist nicht genau zu
sagen für welche Gottheit er bestimmt war. Es wurde hier erst als ein Fahnenheiligtum
angesehen. In Anbetracht dessen, das es sich hier um keine reine militärische Anlage handelt, 
kam man zu dem Ergebnis, das es wenig Sinn macht hier ein Fahnenheiligtum erkennen zu
wollen. Wohingegen Kraus und Röder hier eher einen Zusammenhang mit dem großen
Serapis Tempel erkennen. Sie sehen hier einen Tempel für alle Lagerbewohner.
Es ist somit möglich das es sich hier eben um den Vorläufer Tempel für Serapis handelt,
da er älter ist als der größere Tempel am Berg.
 
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Rechts am Eingang befinden sich zwei sehr große Räume, von denen angenommen wird, 
dass es sich hier um Werkstätten oder Wirtschaftsgebäude für die Versorgung des Lagers
handelt. In diesem großen Raum erkennt man nur noch die an der Wand liegenden Steinbänke.
 
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Im angrenzenden Gebäude finden wir diese zwei Becken/Zisternen, was nun nahelegt,
das es sich hier um die Wirtschaftsräume wie Küche, Mühle, Bäckerei usw. handelt.
Der heute noch aufrecht stehende Granitbalken hat wohl auch die Dachkonstruktion
gehalten. Wobei hier davon ausgegangen wird, dass es sich um ein “leichtes” aus Holz
gefertigtes Dach gehandelt haben muß.  
 
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es ist aber wieder Zeit weiter zu ziehen.
Hier noch einmal aus der Mitte der Hauptstraße ein letzter Blick zum Tempel
(von Osten nach Westen) und einen nach vorne zum Eingangstor wo wir nun hinstreben,
um uns nun den Stallungen und den Laderampen zu widmen.

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