Rechtliche Regeln: Fotographieren und Veröffentlichen

Fragen zu Kameras oder Fotografiertechniken und alles sonstige was mit Bildern zu tun hat

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Daniel Jackson
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Rechtliche Regeln: Fotographieren und Veröffentlichen

Beitragvon Daniel Jackson » Sa 16 Dez, 2006 19:14

Ich war am Dienstag auf einem „Themenabend Fotorecht“, der vom Fotolabor der Uni angeboten wurde. Dort ging es darum, was man fotografieren/veröffentlichen darf. Hier die wichtigsten Punkte für euch als Hintergrundinfo...

Achtung: Keine Garantie für Vollständigkeit und nicht von einem Anwalt vorgetragen.

Entscheidend sind die §§ 22 und 23 des Kunsturhebergesetzes (KunstUrhG):

§22 KunstUrhG: Bilder dürfen nur mit Einwilligung der abgebildeten Person erstellt und veröffentlicht werden. Dies gilt, sobald die abgebildete Person (oder mehrere) erkennbar ist. Ein schwarzer Balken über die Augen würde beispielsweise bei Exkanzler Kohl nicht reichen, da er auch so erkennbar wäre.

§23 KunstUrhG: Regelt Ausnahmen, in denen Bilder trotzdem erstellt und veröffentlicht werden können:
- Fotos von Personen der Zeitgeschichte; Aber: nur, wenn diese öffentlich auftreten. Der private FKK-Urlaub eines EU-Kommissars darf wegen Schutz der Privatsphäre nur abgelichtet werden, wenn die Bedingungen nach §22 erfüllt sind
- Fotos, auf denen Personen nur „Beiwerk“ sind. Das ist z.B. der Fall, wenn die Cheopspyramide abgelichtet ist und im Vordergrund ein paar kleine Leute rumstehen. Entscheidend ist das Hauptmotiv des Bildes. Die Personen dürfen nur eine untergeordnete Rolle spielen.
- Bilder von Demonstrationen, Umzügen und Versammlungen (Die Reisegruppe ist hier grenzwertig)
- Bilder, die einem höheren Interesse der Kunst dienen (?)
Aber: Die Ausnahmen gelten nicht, wenn ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten gegen eine Aufnahme/Veröffentlichung spricht.

Wann habe ich das Einverständnis?
- Lachen in Kamera kann als Einverständnis gelten, wenn die Person volljährig und geschäftsfähig ist. (Vorsicht: Ein Besoffener ist nicht geschäftsfähig)
- Bei Kindern ist immer das Einverständnis der Erziehungsberechtigten (beider!) nötig
- 100%ige Sicherheit nur bei schriftlicher Zustimmung. Wenn die auf dem Bild lächelnde Person vor Gericht klarmacht, dass sie mit der Veröffentlichung nie einverstanden war, wird es trotz lachen schwierig, das Gegenteil zu beweisen

Skurriles:
- Gebäudefotos können die Urheberrechte des Architekten verletzen, auch wenn grundsätzlich alles fotografiert werden darf, was von öffentlichen Verkehrsflächen einsehbar ist.
- Firmenlogos und Produkte mit Markenschutz dürfen nicht ohne Einwilligung des Rechteinhabers fotografiert werden

Internetspezifisches:
- Die Veröffentlichung auf privaten oder kommerziellen Webseiten ist rechtlich gleich.
- Bilder von anderen Webseiten dürfen nicht ohne deren Einverständnis übernommen werden. Ein Quellink oder Hinweis auf das Copyright der Quelle hilft rechtlich überhaupt nicht.
- Ob in einem Bild ein Copyright-Hinweis steht oder nicht ist völlig egal. Der Fotograph hat immer das Urheberrecht daran.
- Ausschnitte aus Fotos oder Grafiken anderer sind kein neues Werk. Die Urheberrechte liegen auch für den Ausschnitt weiterhin bei der Quelle. Erst bei deutlicher Veränderung (bsp. Kunst), die über die „Schaffensgrenze“ hinausgeht, entsteht ein Urheberrecht bei der bearbeitenden Person.
- Viele Webseiten weisen im Disclaimer darauf hin, dass sie Fotos sofort entfernen, falls jemand dies fordert. Dafür sollte eine kurze Mail reichen. Dies schützt nicht vor einer Klage oder Auforderung durch einen Anwalt, die dann viel Geld kostet. Es besteht einzig die Möglichkeit, bei einer Klage auf die Verhältnismäßigkeit zu verweisen und zu betonen, dass ein Verfahren gar nicht verhältnismäßig ist, weil das Problem viel leichter zu lösen gewesen wäre. Ob das Gericht das auch so sieht, sei dann dahingestellt.

Was heißt das praktisch?
Wie der Dozent zum Abschluss sagte: „Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand.“
Prinzipiell dürften wir keinerlei Fotos veröffentlichen auf denen andere Personen zu erkennen sind, da wir damit rechtlich angreifbar sind. Die Rechtsprechung bevorzugt extrem die abgebildeten Personen, der Fotograf zieht im Zweifel immer den Kürzeren. Er muss ggf. beweisen, dass das Bild mit Einverständnis aufgenommen wurde, was bei Urlaubsbildern de facto nie sicher zu beweisen ist. Eine Ausnahme bildet der „Beiwerk“-Aspekt, der sicher für einige Monument-Aufnahmen herhalten kann.

Wer im KunstUrhG nachlesen möchte: http://www.gesetze-im-internet.de/kunsturhg/index.html
Autor des Reiseführers "ÄGYPTEN - DAS NILTAL von Kairo bis Abu Simbel"
Geschichten aus und über Ägypten: Toms-Notes.com

bint hathor

Beitragvon bint hathor » Mo 18 Dez, 2006 09:44

Danke, DJ, für die detaillierten Ausführungen! Ich denke, in Ägypten dürften wir nicht allzu viele Probleme haben: entweder winken die Ägypter gleich ab, wenn sie nicht fotografiert werden wollen, oder sie kassieren ihr Bakschisch fürs Foto, was ja dann als Einverständnis genügen dürfte :wink:
Ich möchte jedenfalls nicht nur mit Bildern von Sand und alten Steinen heim kommen - das sähe so aus, als hätten mich die Menschen dort nicht interessiert. Und nach jedem Urlaub habe ich das Gefühl, ich hätte viel mehr Leute fotografieren sollen!
Eine Frage hätte ich allerdings noch: wenn jemand einverstanden ist, fotografiert zu werden, ist er/sie dann automatisch auch mit der Veröffentlichung der Fotos einverstanden??

Viele Grüße
bint_hathor

Daniel Jackson
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Beitragvon Daniel Jackson » Sa 23 Dez, 2006 22:58

Tja, normalerweise sollte man davon ausgehen, dass das so ist. Rechtlich ist das aber wieder so eine Sache.

Privatmeinung: Ich mache Fotos mit gesundem Menschenverstand und hoffe das Beste. ;-)
Autor des Reiseführers "ÄGYPTEN - DAS NILTAL von Kairo bis Abu Simbel"

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