Die 4. Zwischenzeit - Nach Mubaraks Rücktritt - Teil 3

Hier könnt ihr Einsteigerfragen zu Ägyptologie, Tempeln, Götter usw. stellen, aber auch zur gegenwärtigen Kultur, dem Land und seinen Menschen Stellung beziehen

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Beitragvon Gast » Mo 04 Jun, 2012 13:58

Bevor man derlei Unsinn debattiert, sollte man sich lieber Gedanken darüber machen, wie man eine funktionierende Rechtsprechung gestaltet (sofern man überhaupt eine will). Diese Art von Gericht hat in aller Regel mit rechtsstaatlichem Denken nicht mehr allzuviel gemeinsam, man denke nur an die Sondergerichte in der unseligen Vergangenheit Deutschlands.
Das ist mit Sicherheit der falsche Weg.

Daniel Jackson
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Beitragvon Daniel Jackson » Mo 04 Jun, 2012 19:53

Ein solches Revolutionsgericht geht in der Tat in die falsche Richtung und ist auch nicht hilfreich. Ein Richter soll das tun, wofür er ausgebildet wurde: Recht sprechen. Ein Staatsanwalt soll das tun, wofür er ausgebildet wurde: Beweise sammeln, Anklagen vorbereiten, Prozesse führen. Das Problem in Ägypten liegt derzeit doch ganz anders: Innenministerium und Sicherheitsdienste blockieren offenbar und haben Beweise vernichtet (oder gar nicht erst entstehen lassen). Eine mangelnde Beweislage ändert auch ein Revolutionsgericht nicht. Ohne Beweise gibt es keine Verurteilung - alles andere wäre eine Katastrophe.

Die Konsequenz aus dem Urteil kann nur sein: es ist Zeit für den großen Umbau von Innenministerium und Sicherheitsdiensten. Die alten Seilschaften dort müssen endlich zerschlagen werden.
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Beitragvon Daniel Jackson » Mo 04 Jun, 2012 20:03

Sabbahi, Abouel Futuh und Khaled Ali halten das Ergebnis der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen für eine Beleidigung aller Ägypter und begründen das mit den Verstößen, die stattgefunden haben. Rechtlich sei nichts zu machen (die Beschwerden waren zuvor zurückgewiesen worden), es müsse das Volk entscheiden. Man vertraue auf die revolutionären Menschen und ihren Willen, ihre Rechte durchzusetzen.
http://www.egyptindependent.com/news/fo ... -egyptians

Für Dienstag ist zu neuen Massenprotesten aufgerufen worden. Beteiligt sind zahlreiche Revolutionsgruppen, die Moslembrüder haben sich inzwischen angeschlossen.
http://www.egyptindependent.com/news/re ... oin-news-1

Die Gesetze sollen verschärft werden, um Folter zukünftig stärker zu bestrafen.
http://www.egyptindependent.com/news/pa ... -ania-edit

Erste Ergebnisse vom Treffen Mursi, Sabbahi und Abouel Futuh. Es scheint heftigen Dissens über das weitere Vorgehen zu geben.
http://english.ahram.org.eg/NewsContent ... ntial.aspx

Und hier die Forderungen vom Tahrir 2012:
http://egyptianchronicles.blogspot.de/2 ... -2012.html

Und auch heute gingen die Demos weiter - in kleinem Maßstab. Infos u.a. aus Kairo und Minia:
http://www.egyptindependent.com/news/pr ... iq-removal
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Beitragvon Daniel Jackson » Di 05 Jun, 2012 18:29

Ahram online tickert von den Demos heute.
http://english.ahram.org.eg/NewsContent ... Egypt.aspx

Berichte auch wieder bei Zeinobia:
http://egyptianchronicles.blogspot.de/2 ... ck-to.html

Bei Al Jazeera war vorhin zu sehen, dass sich der Tahrir kräftig füllt. Auch in Alex ist gut was los.
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Beitragvon NICO » Mi 06 Jun, 2012 12:13

Selam

Tausende auf dem Tahrir-Platz Proteste nehmen an Schärfe zu:

http://www.n-tv.de/politik/Proteste-neh ... 34181.html

Stichwahl in Ägypten
Aussetzung des Urnengangs gefordert:

Politische Gruppen fordern, dass vor der Wahl erst der Status der Kandidatur von Mubarak-Intimus Schafik geklärt werden müsse. Ein Präsidentschaftsrat soll eingerichtet werden.


http://www.taz.de/Stichwahl-in-gypten/!94728


Mubaraks Gesundheitszustand offenbar verschlechtertÄgyptens Ex-Präsident soll mehrfach zusammengebrochen sein:

http://www.welt.de/newsticker/news3/art ... htert.html

war klar....

Gruss Nico
نيكو

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Beitragvon Daniel Jackson » Mi 06 Jun, 2012 12:40

Ahmad Shafiq bläst zum rhetorischen Generalangriff auf die Demonstranten. Die Revolution sei vorbei, denn das Ziel sei es nur gewesen, Mubarak loszuwerden. Forderungen nach einem neuen Mubarakprozess seien kindlich. Er fragt, warum alle so hohe Erwartungen an das Gericht gehabt hätten. Die Demonstrationen seien Zeitverschwendung.
http://www.egyptindependent.com/news/sh ... l-childish

Da will sich aber jemand richtig beliebt machen. Will Shafiq umbedingt nach Tora?
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Beitragvon KaraBenNemsi » Mi 06 Jun, 2012 19:44

ja aber recht hat er, was soll dieses dauerdemonstrieren erreichen? die "berufs"demonstranten (so ähnlich nannte sie im märz ein ein taxifahrer) stellen eine verschwindend kleine aber laute minderheit dar. die masse der ägypter hat gar keine zeit für sowas, die müssen ihr brot verdienen.
Zuletzt geändert von KaraBenNemsi am Mi 06 Jun, 2012 21:34, insgesamt 1-mal geändert.

Gast

Beitragvon Gast » Mi 06 Jun, 2012 20:00

Es waren aber gerade diese "Berufsdemonstranten", die die Veränderung erst erwirkten.
Dein Beitrag könnte auch an einem bayerischem Wirtshausstammtisch im hintersten Winkel der Oberpfalz entstanden sein, so substanzlos wie er ist und eine Beleidigung für die Angehörigen der Opfer, die mit dem Urteil nicht einverstanden sind. Außerdem scheint mir, dass du nicht darüber informiert bist, um was es den Leuten dort eigentlich geht. Auch ist das (friedliche!) demonstrieren eine Grundsäule jeglicher Demokratie, was aber so manche Hinterbänkler gerne verdrängen.

Mal schau´n wie diese Ankündigung bei den "Radaubrüdern" ankommt:
Miltär droht mit eigener Verfassung

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Beitragvon KaraBenNemsi » Mi 06 Jun, 2012 21:48

ich habe keine probleme mit bayrischen stammtischen ^^ wieso auch
die massen die letztes jahr den rücktritt mubaraks erwirkt haben sind doch längst nicht mehr da.
das was heute am tahir steht ist doch nur ein bruchteil derer von damals. sie verkaufen t-shirts und cola an touristen. ich war im frühjahr auf dem tahir und ich habe mich auch mit normalen leuten dort unterhalten. warst du das auch?
der titel "berufsdemonstrant" stammt von ägyptern selber, die es einfach nur nervt das ständig strassen gesperrt sind und keine ruhe einkehrt. diese dauerdemonstration da ist doch deren job, es ist völlig egal ob der mubarak aufgehängt wird oder nicht. die demo wird ewig weitergehen, weil man davon leben kann...
demokratie im orient bedeutet die abschaffung der selben, die masse der ägypter will den islam und damit die scharia.. ein gesetzt neben den koran gilt da nicht. ich rate dir mal das du dich bisschen mit dem land beschäftigst und nicht nur die träumerischen kommentare unserer demokratiebesoffenen presse nachplapperst.

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Beitragvon Daniel Jackson » Do 07 Jun, 2012 08:29

Es tut mir leid, dass ich mich jetzt mal klar ausdrücken muss, aber ich habe selten solchen Müll gelesen. Mehr brauche ich dazu glaube ich nicht zu schreiben.
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Beitragvon Gast » Do 07 Jun, 2012 08:33

Zum Glück ist dieses forum im Allgemeinen auf höherem Niveau, als das was du von dir gibst.
Ganz ehrlich: Deine Äußerungen sind mir zu dumm, um darauf zu antworten.

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Beitragvon KaraBenNemsi » Do 07 Jun, 2012 08:59

ich mach mir die Welt wie sie mir gefällt....lalala oder so ähnlich.
die Realität sieht aber anders aus ^^

das Beleidigen von anders denkenden Diskutanten will mir aber nicht zu deinem hohen Niveau passen.

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Beitragvon Daniel Jackson » Do 07 Jun, 2012 09:38

Gut, ich möchte ja nicht beleidigen, sondern nur auf den äußerst(!!) schwachen Inhalt hinweisen. Dann im Einzelnen:

"ich habe keine probleme mit bayrischen stammtischen ^^ wieso auch"
--> Der Stammtisch ist der Inbegriff von plattem, undifferenziertem und oft auch schlecht informierten Dampfablassen. Das ist selten hilfreich, wenn es um komplexe Probleme gibt. Vgl. das sprichwörtliche "Stammtischniveau".

"die massen die letztes jahr den rücktritt mubaraks erwirkt haben sind doch längst nicht mehr da."
--> Natürlich sind "die Massen" nicht permanent auf dem Tahrir. Es ist ja auch richtig, dass es im Laufe des letzten Jahres eher weniger DemonstratInnen geworden sind. Aber mal gibt es Hochzeiten, mal sind weniger Menschen da. Das ist soweit normal. So große Demonstrationen wie am Dienstag gab es aber schon lange nicht mehr. Und wir sollten uns immer in Erinnerung halten, wie viele Menschen in den ersten Tagen der Revolution auf Trab waren. Es war sicherlich mehr los als am 25. Januar. Auf dem Höhepunkt der Revolution waren natürlich mehr Leute unterwegs, aber es kommt nicht nur auf einmalige Spitzen an. Viel wichtiger ist eine große Zahl verbunden mit der nötigen Kontinuität. Deshalb ist spannend, wie es jetzt weitergeht. Selbst wenn es nicht "die Massen" sind ist die stark gestiegene Zahl ein deutliches Barometer der Stimmung im Land.

"das was heute am tahir steht ist doch nur ein bruchteil derer von damals. sie verkaufen t-shirts und cola an touristen. ich war im frühjahr auf dem tahir und ich habe mich auch mit normalen leuten dort unterhalten. warst du das auch? "
--> Ja, du warst im Frühjahr da und hast dich unterhalten. Ich bringe dir ein Gegenbeispiel: Ich war im Oktober da und es waren höchstens ein paar hundert Leute auf dem Tahrir. Drei Wochen später wurde die Regierung in der Mohammad Mahmoud Street zum Rücktritt gezwungen. Solche Proteste verlaufen nicht gleichmäßig, sondern in Wellen. Mal ist es ruhig und dann fokussiert sich alles. Mit Verlaub muss man deshalb unterscheiden, ob man an einem normalen Tag zum Tahrir kommt (incl. Andenkenverkäufer - übrigens tolle Tshirts) oder zu einer Großdemo. Noch ein anderes Beispiel, um meinen Punkt zu verdeutlichen: Kommst Du ins Berliner Regierungsviertel, ist dort nicht viel Demo-Stimmung. Als dort 2010 über hunderttausend AtomkraftgegnerInnen unterwegs waren, war die Stimmung sehr anders. Das hätte man an einem normalen Tag auch nicht mitbekommen. Deshalb kann man von solchen Einzelbesuchen nur sehr bedingt Rückschlüsse ziehen - außer am Stammtisch.

"der titel "berufsdemonstrant" stammt von ägyptern selber, die es einfach nur nervt das ständig strassen gesperrt sind und keine ruhe einkehrt. diese dauerdemonstration da ist doch deren job, es ist völlig egal ob der mubarak aufgehängt wird oder nicht. die demo wird ewig weitergehen, weil man davon leben kann..."
--> Ich kenne auch "Berufsdemonstraten": sie sind beim Castor- und Antiatom-Protest, waren bei Stuttgart 21, in Frankfurt bei Blockupy, bei Anti-Nazi-Demos und sicher auch in DEINER Stadt. Vermutlich niemand davon (abgesehen von ein paar OrganisatorInnen) wird für das Demonstrieren bezahlt. Ich respektiere den Ärger des von dir zitierten Ägypters, der sich über Straßenblockaden und Verkehrsprobleme ärgert. Das ist nachvollziehbar. Aber man darf da nichts durcheinander bringen. Der Begriff "Berufsdemonstraten" fällt besonders von den Leuten oft, die die Gründe eines Protests nicht verstehen. Es ist doch wirklich in den seltensten Fällen so, dass Leute wirklich bezahlt werden. Deshalb handelt es sich meist um genervte Außenstehende, die ihre Missbilligung zum Ausdruck bringen wollen. Die gibt es aber so ziemlich immer und überall. Gleichzeitig ist es bei Protesten immer so, dass es einen Teil der TeilnehmerInnen gibt ("Harter Kern"), die kontinuierlich und mit größerem Einsatz bei der Sache sind. Das macht sie aber nicht zu Berufsdemonstraten, sondern eben zu diesem harten Kern. Das schöne daran ist ein entscheidender Unterschied: der hoch motivierte harte Kern steht vertretend für andere, die bei wichtigen Anlässen wieder mit auf die Straße gehen. Sie können nur aus den verschiedensten Gründen nicht dauernd dabei sein - es gibt ja auch noch ein Leben neben Demos. Hier und in Kairo.

"demokratie im orient bedeutet die abschaffung der selben, die masse der ägypter will den islam und damit die scharia.. ein gesetzt neben den koran gilt da nicht. ich rate dir mal das du dich bisschen mit dem land beschäftigst und nicht nur die träumerischen kommentare unserer demokratiebesoffenen presse nachplapperst."
--> Da kann man verschiedene Meinungen haben. Natürlich gibt es ein großes Informations-, Bildungs- und auch Erfahrungsdefizit in Sachen Demokratie in Ägypten. Wie soll es auch anders sein? Aber die Menschen schlagen sich schon ganz gut. Vergleiche doch bitte man, wie viele Prozent die Islamisten bei den Parlamentswahlen bekommen haben. Wie viele Prozent waren es jetzt bei der Präsidentenwahl? In Kairo und Alex hat z.B. Sabahi gewonnen, der zum liberalen Lager gehört. Warum? Weil man von den Islamisten enttäuscht ist. Die meisten Leute wollen eben, dass ihre Probleme behoben werden. Die haben gar keinen Bock darauf, dass das Parlament sich mit Pornoseiten und Kleiderordnungen befasst. Wer die großen Probleme nicht löst kommt weg. Wenn das keine demokratische Haltung ist. Letztlich ist es bei uns auch nicht anders.
Ägypten wird eine längere und harte Übergangsphase durchlaufen, da bin ich mir sicher. Aber im Gegensatz zu dir bin ich optimistischer. Die Präsidentenwahl macht Hoffnung, denn das liberale Lager verlor wegen der Zersplitterung der Stimmen auf mehrere Kandidaten (auch die Politiker müssen neu lernen [sowas gibt auch bei uns: für meinen Wahlkreis sitzt der CDU-Mann mit 33% direkt im Bundestag, weil Rot/grün es nicht schaffte, ihre 61% auf einen Kandidaten zu bringen]). Das gab es bei den anderen Lagern (Islamisten / Feloul) nicht. Deshalb halte ich nichts vom schwarzmalen, aber auch nichts von unrealistisch überschwänglichen Jubelszenarien.
Noch ganz zum Schluss ein Satz: Der Islam ist keine Alternative zu Demokratie, genausowenig wie es die katholische Kirche ist.

... und wegen all dieser Punkte halte ich deinen Beitrag für äußerst schwach und undifferenziert.
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Beitragvon Daniel Jackson » Do 07 Jun, 2012 09:54

Gestern war der zweite Todestag von Khaled Said, der in Alexandria von Polizisten ermordet wurde. Das schlimme Ereignis veranschaulichte die Polizeibrutalität im Land und führte zu einem Aufschrei in der Bevölkerung - jeder kannte Leute, denen ähnliches widerfahren war. Der Mord an Khaled Said zählte zu den Funken, die die Revolution auslösten.
Gestern fanden in zahlreichen Gouvernements Mahnwachen statt. Zentrum war natürlich die Heimatstadt Alexandria. Dort erklärte u.a. die Mutter von Khaled Said, dass sie die zweite Runde der Präsidentenwahlen boykottieren wird und sich für einen Präsidentenrat einsetzt - sie will nicht zwischen Moslembrüdern und altem Regime wählen.

Fotos und Infos:
http://egyptianchronicles.blogspot.de/2 ... .html#more

Hier ist die ganze Geschichte noch einmal sehr anschaulich und eindringlich dargestellt (der Übersetzer lohnt im Zweifel):
http://english.ahram.org.eg/NewsContent ... ution.aspx
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Beitragvon KaraBenNemsi » Do 07 Jun, 2012 10:33

@daniel

na so sieht doch eine richtige diskussion aus, argument gegenargument, dafür danke ich dir. das "beleidigen" will ich auch nicht dir anrechnen das ging an den anonymen "gast".

"Der Stammtisch ist der Inbegriff von plattem, undifferenziertem und oft auch schlecht informierten Dampfablassen. Das ist selten hilfreich, wenn es um komplexe Probleme gibt. Vgl. das sprichwörtliche "Stammtischniveau".

da muss ich dir wiedersprechen, solche aussagen hört man oft von abgehobenen politikern dennen jede volksnähe abgegangen ist. solche abqualifizierungen führen zu gern zitierten politikverdrossenheit. der stammtisch ist nun mal volkes stimme. wer die nicht hören will, ist meiner meinung nach nicht berechtigt das volk zu vertreten. ist der politiker nicht das ausführende organ des volkes? so ist halt mein demokrativerständnis.

" Natürlich sind "die Massen" nicht permanent auf dem Tahrir. Es ist ja auch richtig, dass es im Laufe des letzten Jahres eher weniger DemonstratInnen geworden sind. Aber mal gibt es Hochzeiten, mal sind weniger Menschen da. Das ist soweit normal. So große Demonstrationen wie am Dienstag gab es aber schon lange nicht mehr. Und wir sollten uns immer in Erinnerung halten, wie viele Menschen in den ersten Tagen der Revolution auf Trab waren. Es war sicherlich mehr los als am 25. Januar. Auf dem Höhepunkt der Revolution waren natürlich mehr Leute unterwegs, aber es kommt nicht nur auf einmalige Spitzen an. Viel wichtiger ist eine große Zahl verbunden mit der nötigen Kontinuität. Deshalb ist spannend, wie es jetzt weitergeht. Selbst wenn es nicht "die Massen" sind ist die stark gestiegene Zahl ein deutliches Barometer der Stimmung im Land."

das sehe ich nicht so, der von dir beschriebene Kern der Demonstranten (200?) sind jugendliche Arbeitslose. Die Leute leben von Spenden und Souvenirverkauf in dem Zeltlager auf der Grünfläche. Armut, Arbeitslosigkeit und die damit verbundene Langeweile hat meiner Meinung nach diesen Kern geschaffen. Dazu kommt noch der Nervenkitzel und ein Eventgefühl dass ist hier nicht anders wie bei jugenddominierten Demonstrationen in der BRD. Dazu kommt die westliche Presse die den Akteuren eine Plattform gibt sich selbst darzustellen. Ja die Leute haben es mit Hilfe von vielen verschiedenen Gruppen von Mubarakgegnern geschafft den Pharao zu stürzen. Das große Bündnis steht aber nun nicht mehr, der gemeinsame Gegner ist weg. Jetzt finden die Helden vom Tahir nicht mehr ins normale Leben zurück. Vielleicht auch deshalb weil sie kein normales Leben haben? Damit will ich ihnen nicht die Schuld an der sozialen Lage der Jugend in Ägypten geben, aber die Revolution ist meiner Meinung nach vorbei. Diese Dauerdemonstrationen ohne richtiges Ziel und ohne Volkes Unterstützung zerstören das Land. Die Wahlen haben ja gezeigt hinter wem das Volk steht, schmerzhaft für die Tahirjugend aber so ist es nun mal.

"Da kann man verschiedene Meinungen haben. Natürlich gibt es ein großes Informations-, Bildungs- und auch Erfahrungsdefizit in Sachen Demokratie in Ägypten. Wie soll es auch anders sein? Aber die Menschen schlagen sich schon ganz gut. Vergleiche doch bitte man, wie viele Prozent die Islamisten bei den Parlamentswahlen bekommen haben. Wie viele Prozent waren es jetzt bei der Präsidentenwahl? In Kairo und Alex hat z.B. Sabahi gewonnen, der zum liberalen Lager gehört. Warum? Weil man von den Islamisten enttäuscht ist. Die meisten Leute wollen eben, dass ihre Probleme behoben werden. ... "

es ist doch nun bewiesen dass das islamistische Lager die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnte. Die Liberalen spielen doch gar keine Rolle 15prozent?. Die Stichwahl wird zwischen dem Muslimbruder Mohammed Mursi und Ahmad Shafiq aus dem Mubarak Lager ausgetragen. Das sind einfach Tatsachen. Ich denke das Mursi gewinnen wird.

„Der Koran ist unsere Verfassung, die Scharia unser Gesetz“, skandieren seine Anhänger auf Mursis Wahlveranstaltungen. Und ihr Kandidat antwortet ihnen: „Niemand kann uns stoppen, in eine islamische Zukunft zu marschieren. Dann werden Gottes Gesetze allen ein Leben in Würde eröffnen.“