EU-Beitritt der Türkei

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Mike Rumpf
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EU-Beitritt der Türkei

Beitragvon Mike Rumpf » Fr 08 Okt, 2004 13:04

Die nachfolgenden Beiträge wurden aus dem Beitrag http://www.isis-und-osiris.de/isisosiri ... php?t=3926 herausgetrennt, da sie nicht zum Thema dort passten- Uli 08.10.2004

zu Türkei & EU:
Ich würde die Türkei auch ungern in die EU aufgenommen sehen. Die Europäische Union macht in meinen Augen nur dann Sinn - und erst dann ist sie entscheidungsfähig - wenn sie Staaten vereint, die ein zumindest annähernd ein ähnliches Werte- und Rechtsystem besitzen. Dazu gehören auch gewisse Standards hinsichtlich der Menschenrechte, die die Türkei weiterhin nicht erfüllt. Auch der Umgang mit der eigenen Geschichte bleibt höchst problematisch (der Völkermord an den Armeniern im 1. Weltkrieg wird immer noch offiziell verleugnet). Solange hier nicht einiges zurechtgerückt wird, wäre es meinen Augen fatal, die Türkei aufzunehmen.

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Beitragvon Uli » Fr 08 Okt, 2004 13:18

Kleiner Vorschlag am Rande: Wenn Ihr noch weiter über den EU-Beitritt der Türkei diskutieren wollt, dann macht doch in Off-Topic einfach ein neues Thema auf und kopiert die Sachen von hier dorthin.
Das geht hier sonst zu sehr vom Thema ab und gibt Kuddelmuddel! :shock:

Danke!
Gruß
Uli

Foerdetaucher

Beitragvon Foerdetaucher » Fr 08 Okt, 2004 13:31

Moin Uli,

muss m. E nicht sein, bleiben wir doch lieber beim Ziel und Thema des Forums. Waren auch nur so ein paar Randbemerkungen von mir.

Gruß

Jo

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Tja.

Beitragvon nebtaui » Fr 08 Okt, 2004 14:07

Salam!

Aber es ist generell ein guter Anlass, den ja zu ca. 95 % islamisch gläubigen Ägyptern unsere Solidarität zu versichern, ihren Lebensunterhalt weiterhin durch Reisen in ihr Land zu sichern und ihnen auch klarzumachen, dass wir absolut nicht hinter dieser rundum verlogenen Großmacht USA stehen!


Genau. :wink:

Was du allerdings zum Thema "Türkei" sagst, sehe ich ergreifend anders.
Zum einen, da der Beitritt ja nicht JETZT erfolgt, sondern frühestens in zehn Jahren. Zum zweiten, da die Türkei selbst nach Kräften islamistische Tenedenzen zurückdrängt (nicht islamische, wie könnte sie auch!). Und zum dritten wenn man weiß, daß der weitaus größte Teil der hiesigen Türken aus rückständigen Gebieten der Türkei stammt.

Ob ein rechter Wurzelsepp-Bazi in Anatolien wohl ähnlich anecken würde wie ein anatolischer Bauer hier ... ? :wink:

Fassen wir uns doch an den eigenen Schopf und füllen das, was wir sooo gern immer vollmundig ausführen, doch mal zur Abwechselung mit Leben! Für wie tolerant, weltoffen und integrativ halten wir uns doch; trauen wir unseren eigenen Fähigkeiten nicht über den Weg? Gemeinhin wird uns hier die türkische Strafrechtsreform als "minderwertig" verkauft, weil uns der Paragraph bezüglich des Ehebruchs ins Auge sticht. Und was ist mit dem Rest des Reformpakets?
Wem von uns ist denn schon klar, daß das hessische Landrecht beispielsweise sehr wohl eine Todesstrafe kennt? Die so gern als "islamistisch" gescholtene Türkei jedenfalls hat sie jetzt ganz abgeschafft und auch seit den 80'er Jahren nicht mehr verhängt.

Wenn wir also feststellen, daß die Situation vor 40 Jahren in der Türkei eine noch erheblich besorgniserregendere war, weshalb hat man ihr dann damals den Beitritt HEUTE in Aussicht gestellt? Um sie heute dann in Frage zu stellen! Das würde voraussetzen, daß sich die Situation dort dramatisch verschärft hätte; niemand seitens der Politik ist dumm genug, diese Behauptung aufzustellen.
Ich jedenfalls habe großes Vertrauen in die Regierung Erdogan, innerhalb von einigen Jahren den letzten Sprung auch noch zu schaffen und Europa einen Staat vorzustellen, dessen sich die Gemeinschaft wahrlich nicht zu schämen braucht. Andererseits kann Europa damit unter Beweis stellen daß es sehr wohl möglich ist, einen menschlich / wirtschaftlichen Bogen zwischen Abend- und Morgenland zu schlagen und in Frieden und Freundschaft miteinander zu leben. Allein in den letzten Jahren trat man in der Türkei erzkonservativen Islamkräften ganz gehörig in die Seite und ich bin sicher, daß sich die Situation für (junge und ältere) Frauen beispielsweise (!) erheblich verbessern wird.

Rumsfeld hielt uns Europäer für Idioten, weil er eine friedliche und fruchtbare Koexistenz des Westens mit dem Orient für unmöglich hält. ICH halte sie nicht nur für möglich, sondern sogar für unsere einzige Chance! Für uns Europäer ist die Türkei das Tor zum Orient mit all seinen Möglichkeiten, aber auch mit seinen Problemen. Was haben wir hier nicht schon für Probleme bewältigt! DAS schaffen WIR doch auch noch! Zudem halte ich eine Achse "Orient - Europa" für ein denkbares Machtkonstrukt, welches die rasenden Durchgeknallten in Washington mit ihrem Kreischen und dem (zu) nervösen Zeigefinger auf dem "roten Knopf" wirksam am Zügel hält.

Keine Frage: viele Reformvorhaben in der Türkei bedürfen enormer Investitionsmittel; aber statt die Türkei zurückzustoßen, sollten wir ihr dabei helfen. Es wird sich einerseits in der Arbeitsmarkt-, in der Wirtschafts- und Sicherheitslage dankbar bemerkbar machen.

Versprochen. Ich habe Vertrauen in die gemäßigten und progressiven Kräfte der Türkei. Und es kommt eine Zeit, da können wir jeden Freund noch dringend brauchen .... :roll:

Gruß

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Beitragvon Gitte » Fr 08 Okt, 2004 15:34

Hallo,
das entspricht leider den Tatsachen :
Das gewisse Standards hinsichtlich der Menschenrechte
weiterhin nicht erfüllt werden.
Das ist auch der Hauptkritikpunkt der Politiker .

Grüße Gitte :lol: :lol:

arzudas

Beitragvon arzudas » Fr 08 Okt, 2004 17:38

@Nebtaui

Hallo nebtaui, kannst du diese Aussage bitte mal belegen?


Wem von uns ist denn schon klar, daß das hessische Landrecht beispielsweise sehr wohl eine Todesstrafe kennt?

(Verfasst am: Fr Okt 08, 2004 14:07)
:?: :?:

arzudas

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Aber selbstverständlich.

Beitragvon nebtaui » Sa 09 Okt, 2004 08:04

Salam!

Schau nach unter:

Verfassung des Landes Hessen,
II. Grenzen und Sicherung der Menschenrechte,
Artikel 21 ("Gesetzliche Strafen"):

"(1) Ist jemand einer strafbaren Handlung für schuldig befunden worden, so können ihm auf Grund der Strafgesetze durch richterliches Urteil die Freiheit und die bürgerlichen Ehrenrechte entzogen oder beschränkt werden. Bei besonders schweren Verbrechen kann er zum Tode verurteilt werden."

Natürlich muß hier noch angemerkt werden, daß nach dem Grundsatz: "Bundesrecht bricht Landesrecht!" kein hessisches Gericht folgenfrei die Todesstrafe verhängen darf. Dennoch sollten wir bezüglich unserer Kultur und Rechtsstaatlichkeit im direkten Vergleich mit anderen Staaten zu Spitzmaulfröschen werden ... es steht einem Staat wie dem unseren nicht gut zu Gesicht, aus Gründen der "Sparsamkeit" (?) auf eine Novellierung dieses Rechts zu verzichten, oder .... ?
Vielleicht sollten wir über unsere Annahme und Sichtweise, die Türkei sei ja so rückständig, doch noch einmal gründlicher nachdenken. Zumal dort im Zuge einer konsequenten Säkularisierung ALLE religiösen Symbole aus Behörden, Institutionen und Bildungswesen verbannt sind; hier bei uns hängt man Kreuze auf und reißt Kopftücher und Koransprüche ab.
Sind wir wirklich so tolerant?

Schau hier nach:
http://www.hessenrecht.hessen.de/gvbl/g ... para21.htm

Gruß

Nebtaui
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Na ja,,,

Beitragvon Heliopharos » Sa 09 Okt, 2004 10:51

Na ja,

man kann immer was finden, wenn man nur lang und gründlich genug sucht. Daß es wohl wichtigere Dinge gibt, als Text-Novellierung - welche sich hier ja wirklich nur auf den Text und nicht auf das Recht bezieht - denn:

Am 23. Mai 1949 trat das Grundgesetz in Kraft und die Todesstrafe wurde gemäß GG Artikel 102 abgeschafft. Die letzte Hinrichtung im Bereich von West-Deutschland fand im Jahre 1949 statt, in der DDR im Jahre 1981. 1987 wurde die Todesstrafe endgültig in ganz Deutschland abgeschafft. http://www.todesstrafe.de/inhalt/atlas/index.htm

... versteht sich von selbst. Aber streiten kann man sich durchaus und endlos darüber :wink:
Gruß
Helipha